Freitag, 18. Oktober 2019

Therapeutischer Schuhputz

Herbst

Der Herbst ist angekommen, grau, nass, kalt, zwischendurch ein wenig Sonne, und wenngleich ich ein Sommermensch bin, hat die dunkle Jahreszeit auch ihre Vorteile. Man kann sich eine schöne, heimelige Atmosphäre einrichten, die Heizung aufdrehen und sich wohlfühlen. Und einen ganz anderen Vorteil habe ich heute erleben dürfen; ich habe schwarze Lederschuhe und war damit neulich unterwegs, und irgendwie muss ich durch matschiges Terrain gegangen sein, denn die Schuhe waren richtig dreckig. Kaum zuhause, habe ich sie abgewischt und weggestellt.

Dann ist mir allerdings etwas eingefallen, was ich lange vergessen zu haben schien: Im Studium habe ich mit schöner Regelmäßigkeit meine Lederstiefel, Schuhe etc. mit Schuhcreme gepflegt und auf Hochglanz poliert. Die sahen wirklich immer super aus! Und dann habe ich bei'm Nachdenken festgestellt, dass ich zum letzten Mal vor fünf oder sechs Jahren meine Schuhe bearbeitet habe.

Dann kam das Überlegen: Woran könnte das liegen, dass im Studium die Stiefelpflege eine Selbstverständlichkeit war, seit meinem Dienstbeginn aber so gar nicht mehr stattgefunden hat? Die Lehrkräfte unter Euch werden sich sicher denken, dass der Schulstress das in den Hintergrund gerückt hat. Ich glaube nicht, dass es daran liegt, denn ich mache mir mit Schule nicht zuviel Stress - zu irgendwas muss ein schnell denkender Kopf ja gut sein.

Ich könnte mir vorstellen, dass es an der allgemeinen Situation liegt: Als ich noch in den Kronshagener Bergen gewohnt habe, war meine Situation immer abgesichert. Ich hatte immer einen festen Weg unter den Füßen, nämlich mein erstes Staatsexamen zu erreichen, das es nun nicht mehr gibt. Selbst im Referendariat hatte ich einen sicheren Weg und musste mir darüber keine Gedanken machen. Ich konnte mich auf andere Sachen konzentrieren.

Seitdem ich nun aber von einer Schule und einer Arbeitslosigkeit zur nächsten tingele, fällt es mir nicht mehr so leicht, mein Leben in den Griff zu bekommen. Dieser Umstand, dass ich nicht weiß, wann ich endlich wieder diesen sicheren Weg unter meinen Füßen habe (a.k.a. unbefristete Beschäftigung), scheint dafür zu sorgen, dass ich unglaublich Vieles schleifen lasse.

Klar, das könnte etwas mit Autismus zu tun haben, aber ich vermute mal, das ist ein ganz normales Phänomen, oder? Dass ich mein Leben erst wieder vernünftig auf die Reihe bekommen kann, wenn ich wieder auf dem gesicherten Weg bin?

Jedenfalls hat mir der Herbstdreck und das damit verbundene Schuheputzen das einmal wieder vor Augen geführt, und ich überlege mir jetzt einmal kleine Tricks, um zu verhindern, dass ich den Halt verliere. Die Erinnerungs-Tafeln in der Wohnung helfen schon ein ordentliches Stück weiter, und auf die Wartung-Tafel ist jetzt auch Chuck die Pflanze gekommen, um rechtzeitig neue Düngestäbchen einzusetzen, damit die Palme nicht ganz ohne Nährstoffe ist. Ach ja, und interessant zu sehen, wie sich CdP nach und nach hier einlebt - die Palme richtet ihre Blätter nach dem Sonnenlicht aus, und da ein Palmwedel quasi "mit dem Rücken" zum Fenster steht, haben sich dort einzelne Blätter ganz nach innen zusammengeklappt.

Spannend. Und nachher Hackbraten mit der großen Buba.

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