Freitag, 10. Mai 2019

Umleitung

Gegen das Gedankengewitter

Hochbegabung und Buddhismus gehen gut zusammen.

Vor Kurzem habe ich im Schleswig-Holstein-Magazin gelernt, dass die B-Sechsundsiebzig die meistbefahrene Bundesstraße unseres Landes zwischen den Meeren ist. Das bestätigt meine Eindrücke bei'm Autofahren. Und eine so starke Belastung sorgt für Abrieb, Aufbruch, was auch immer: Die Straße geht kaputt. Hier, da, dort. Vor einem Jahr, vor einer Woche, in sechs Monaten, immer wieder; dann wird es Zeit für eine Ausbesserung. Dazu muss die Straße gesperrt werden, und zwar genau so, wie es jetzt der Fall ist zwischen dem Ostring und Elmschenhagen: Eine Fahrtrichtung wurde komplett gesperrt, die andere wurde so eingerichtet, dass Autos nach Kiel und auch wieder heraus kommen.

Diese Spuren sind recht eng, und dann sind da ja auch noch so viele Auf- und Abfahrten, an denen auch andere Verkehrsteilnehmer gern reinrumpeln würden. Machen wir es kurz: Man braucht Einiges an Geduld für dieses Stück, das in der Regel immer in einer Richtung einen Stau hat. Ich habe langsam realisiert, dass ich zwanzig Minuten mehr einplanen muss, kein Problem. Wobei, warte...

...denn ein Problem gibt es doch, und zwar kann ich mich im Stau so gut aufregen - zum Beispiel über die Verkehrsteilnehmer, die zu schnell fahren, rechts überholen und auch jene, die versuchen, die Sperrung per Straße direkt daneben zu umfahren (Elmschenhagener kennen das Szenario) - nur um dann wiederum zu warten, bis sie sich endlich wieder in den Stau einfädeln dürfen. "Wow", sage ich dann, "jetzt hast Du drei Autos aufgeholt und kommst zwei Minuten vor mir am Ziel an, und dafür diese ganze Rücksichtslosigkeit?" Ja, darüber kann ich mich aufregen, denn ein Stau dauert und bietet perfekte Gelegenheit, über alles Mögliche nachzudenken.

Und manchmal sind Streckenabschnitte der beliebten Bundesstraße komplett gesperrt, so dass man eine Umleitung fahren muss. Horror! Ich soll plötzlich irgendwo langfahren, wo ich vorher noch nie war? Immer schauen, ob irgendwo diese gelben U-Schilder leuchten? Dazu muss ich etwas langsamer fahren, sonst übersehe ich die vielleicht und bin dann komplett verloren - tja, und dann dieses Gefühl, von dem Hintermann gedrängt zu werden, denn ich bin ja nicht der Einzige, der diese Strecke umfahren muss. Wenn ich Horror sage, dann meine ich es wirklich so. Panikattacken stehen vor der Tür.

Das sind die Momente, in denen ich froh bin, dass der Dalai Lama vollkommen zurecht festgestellt hat: Nichts ist entspannender, als das anzunehmen, was kommt. Ich bin so dankbar für diese Erkenntnis, denn der Autohorror spielt sich ja nur in meinem Kopf ab. Endlich kann ich sagen "Stau? Dann ist das eben so." und mich entspannt zurücklehnen, anstatt wie andere Fahrer nach jeglicher Möglichkeit zu suchen, etwas schneller voranzukommen. Und eine Umleitung? Ist doch klasse, dann sehe ich etwas mehr von meinem schönen Bundesland.

Entschleunigung, Ihr kennt das. Und für diesen Hochbegabten ist es verdammt wichtig, sich zu entschleunigen und mit Ruhe auf anstehende Probleme zuzugehen. Buddhismus hilft mir gegen das Tempo in meinem Kopf.

Hochbegabung und Buddhismus gehen gut zusammen.

post scriptum: Heute gab es einen richtig guten Film - "The Village of the Damned", und zwar das Original von Neunzehnsechzig. Das ist quasi Science Fiction, weil der Film sehr ernsthaft rangeht an die Frage, wie Menschen reagieren, wenn sie realisieren, dass ihr eigenes Kind "nicht normal" ist (zum Beispiel Asperger). Der Film ist mit knapp über siebzig Minuten kurz und kompakt, und bietet reichlich Diskussionsstoff. Ich dachte immer "Das Dorf der Verdammten" sei ein alberner Film über Kinder, die alle gleich aussehen, aber da steckt wesentlich mehr drin.

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