Samstag, 21. Juli 2018

Teen Angst

Angst vor dem Unbekannten? Angst vor der Veränderung?

Klingt schräg, aber der Begriff teen angst hat es tatsächlich in den englischen Sprachgebrauch geschafft. Viele Leser sind sicherlich mit den Konzepten von Initiation und Coming-of-Age vertraut, dem Übergang von einem unschuldigen Leben zu einem, das sich der Negativität in der Welt bewusst wird. Gerade noch hielt er sich für unsterblich, den Mittelpunkt des Universums und alles, was er tat, war natürlich richtig, und dann passiert etwas, was dieses Bild im Kopf für immer zerschmettert.

Das haben wir alle durchgemacht, manche haben es noch vor sich. Es ist ein sehr beliebter Topos in der Literatur, und auch in Filmen wird es gern thematisiert. Mir fällt das zur Zeit auf, weil ich vorgestern einen Film mit eben dieser Thematik gesehen habe, und dass es ein ziemlich guter Film war, zeigt sich darin, dass er nachwirkt. Ich habe heute noch schnell, bevor die zweitägige Amazon-Leihperiode ausgelaufen ist, einige Szenen noch einmal angeschaut und ich denke, dass ich den Film in meine Sammlung aufnehmen sollte.

Man kann Initiationsgeschichten in unterschiedlichen Genres verarbeiten. Stand By Me (1986), nach Stephen King, ist ein Abenteuerfilm, in dem eine Freundesgruppe um die vierzehn Jahre sich auf den Weg macht, eine Leiche aufzusuchen. Klassischer Stoff, im Englischen nennt man ein solches Abenteuer Quest - ein Abenteuer, von dem man reifer, erwachsener zurückkommt. War echt schön, sich mit der Geschichte ein bisschen nostalgisieren zu lassen.

Es kann auch rabenschwarzer Humor sein; im Rahmen meiner Examensarbeit bin ich über den Film Heathers (1988) gestolpert, der sich auf die Zeit nach der Initiation konzentriert - und der Begriff teen angst wird wörtlich gebraucht. Und Wynona Rider und Christian Slater geben ein herrliches Mörderpärchen ab.

Man kann allerdings auch bierernst und authentisch herangehen. Man kann entscheiden, sein Regiedebüt in die Neunziger zu legen, wenn man Kevin Phillips heißt, und kann beschließen, Teenager genau so darzustellen, wie sie sind - fürchterlich uncool, jungfräulich und mit großen Sprüchen. In Super Dark Times (2017) führt ein grausiger - und leider nicht vollkommen unrealistischer - Unfall dazu, dass eine Freundesclique sich verändert. Mit der Unschuld ist es vorbei, stattdessen scheinen nach und nach Angst, Eifersucht, Paranoia und Gewaltphantasien das Leben zu beherrschen.

Ich habe länger überlegt, warum der Film bei mir so sehr nachwirkt. Ist es der sehr intensive Gebrauch der subjektiven Kamera? Ist es die durchweg überzeugende Darstellung der jungen Schauspieler? Der Gedanke, dass all' das wirklich so passiert sein könnte? Die Erinnerung an Columbine? In mir hat der Film Gedanken an den Fall Marcel Heße geweckt, nicht allzu lange her und äußerst verstörend. Einer der Charaktere im Film wirkt besonders gen Ende sehr kalt - und das scheint leider nicht mehr vollkommen unwahrscheinlich.

Wir unterrichten Teenager in einer verdammt schwierigen Phase ihres Lebens. Ein offenes Ohr könnte helfen... oder zumindest das Bewusstsein, dass diese Schüler eine sehr harte Zeit durchmachen.

post scriptum: Ach ja, man kann Coming of Age natürlich auch in einem Horrorfilm thematisieren. Darüber hatte ich geschrieben - der Film heißt "It Follows" - und auch dort erfährt der Zuschauer sehr deutlich, dass die Protagonisten am Ende des Films eine Wandlung durchgemacht haben. Alles anschauliche und wirklich gute Filme.

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