Er? Ich? |
Der eine oder andere Norddeutsche dürfte von dem Vorfall in einem Lübecker Linienbus vor Kurzem gehört haben. Wobei... der Fall hat es tatsächlich bundesweit in die Presse geschafft, also war es tatsächlich schwer, dieser Neuigkeit auszuweichen. Falls doch jemand den Nachrichten entkommen ist: In einem Bus der Linie Dreißig hat ein Mann einen rauchenden Rucksack abgestellt, der, wie sich dann herausstellte, Brandbeschleuniger enthielt; wohl mit dem Plan, den Bus in Brand zu setzen. Mehrere Fahrgäste haben versucht, ihn zu überwältigen, wobei er sich mit einem Messer wehrte und zehn Menschen verletzte.
Genaue Hintergründe stehen noch aus, aber die Kieler Nachrichten titeln heute, dass der Täter als "psychisch auffällig" galt. Das ist natürlich genau das, was viele Menschen hören wollen. Es ist immer irgendwie einfacher, wenn man Täter als verrückt abstempeln kann, denn dann ist es leichter sich einzureden, dass es immer nur die Anderen sind.
Psychisch auffällig? Lass' mich mal in den Spiegel sehen... ich bin menschenscheu, lebe in einer fast immer abgedunkelten Wohnung, esse so gut wie nie vor achtzehn Uhr, gehe nicht an's Telefon, mag nicht angefasst werden - ich habe auch psychische Auffälligkeiten. Haben wir die nicht alle? Kontrollwahn, Waschzwang, ist der Herd auch wirklich aus, Selbstgespräche...
Warum schreibe ich überhaupt über dieses Thema, wo soll das hinführen? Das Schleswig-Holstein-Magazin hat mir gerade mitgeteilt, dass es immer noch keine Erkenntnisse im Fall Lübeck gibt; mir ist nur wichtig - vor allem in der pädagogischen Arbeit - ein Verständnis dafür zu schaffen, dass es nicht immer die Anderen sind, die verrückt sind. Die Verrücktes tun. Jeder möge sich selbst einmal hinterfragen.
Psychisch auffällig ist okay. Solange wir psychisch Auffälligen gegenüber aufgeschlossen sind. Und solange wir psychisch Auffälligen niemandem schaden.
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