Sonntag, 28. Februar 2016

Shaking the Habitual

Wir haben uns in unseren Jahren an so Vieles gewöhnt.

Wie ordentliche Kleidung aussieht, wann wir zu essen haben, unseren Tagesrhythmus, wie man mit anderen Menschen umgeht, was typisch Mann und typisch Frau ist, was moralisch ist und was nicht, was guter Ton ist; all das haben wir in unser Verhalten aufgenommen, quasi als einen Habitus angenommen. Daraus ist das geworden, was uns - jeden für sich - ausmacht.

Wir haben es meistens anerzogen bekommen: "Du musst doch etwas essen", "Du solltest immer die Nieren bedeckt halten", "Du musst doch etwas an den Füßen tragen", "Das macht man nicht", "Das kannst Du doch nicht einfach tun", "Halte Anderen die Tür auf", "Mann und Frau gehören zusammen" - dieser Beispiele gibt es noch viele mehr.

Wir haben uns daraus eine Art Silhouette von uns selbst gebastelt. Eine Art Passform anerzogener Denkweisen. Daran ist auch an sich nichts Schlimmes, solange wir uns dessen bewusst sind und ab und an mal aus unserem Verhalten "ausbrechen". Uns immer mal wieder neu erfinden. Anerzogenes hinterfragen und neu konfigurieren.

Das vor Kurzem getrennte schwedische Duo "The Knife", bestehend aus Olof und Karin Dreijer, hat genau das zum Thema ihres letzten Albums "Shaking the Habitual" gemacht. Bereits davor haben sie, wie zB im Musikvideo zu "Pass This On", mit Erwartungen gespielt und uns überrascht, provoziert, als Hilfestellung, damit wir mal aus unserer Normalität ausbrechen. DANKE!

Ist es denn so schlimm, wenn man einen Kindheitspanzer trägt, der uns sicherlich auch gegen irgndwas schützt? Nun, wenn man dann einen Menschen kennenlernt, der etwas unkonventionell ist, dann wird man vielleicht gezwungen, seine eigenen Werte und Ansichten in Frage zu stellen. Unter Umständen stellt man sich damit einer Menge Gegenwind aus den eigenen Reihen, Verständnislosigkeit seitens der Eltern, der Freunde oder der eigenen Freundin. Sie können nicht verstehen, warum man - der man sich immer in ihre erwartete Passform gefügt hat - jetzt auf einmal neue Ansichten gewinnt.

Man muss sich fragen, woran man eigentlich glaubt.

(Ja, Flo, ich meine damit zum Beispiel Dich, der Du von Deinen Leuten so viel Gegenwind bekommen hast, dass es uns auseinander gebracht hat.)

The Knife machen uns Mut zu diesem Wandel, Mut zum Ausbrechen, sie leben es uns im Video "A Tooth For An Eye" vor - wir sehen eine Umkleidekabine eines Sportteams, darin Männer, die sich für einen Sport umziehen. Muskulös, untersetzt, jung, alt, groß, klein. Wir erwarten einen "Männersport", vielleicht teffen sie sich zum Fußball. Sie gehen in die Sporthalle und beginnen mit Aufwärmen und Dehnübungen. "Coole" Gesten werden ausgetauscht. Dann wenden sich die Blicke, alle schauen auf einen Neuankömmling. Der Trainer.

Genauer: Die Trainerin. Eine junge Frau tritt in die Mitte der Gruppe und beginnt eine Choreographie. Die Männer folgen ihrer Weisung. Sie bieten uns einen energiegeladenen Ausdruckstanz, lassen nach einem Augenzwinkern der Frau sogar Nähe untereinander zu. Männer, die etwas typisch Unmännliches tun.

Das ist grandios, wunderbar! Lädt zum Nachahmen ein: Wen interessiert es, was die Anderen denken? Zieh Dein Ding durch! Schüttel mal all die Konventionen ab - shake the habitual!


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