Eben aus der Meditation zurückgekehrt, ist mein erster Gedanke, dass ich morgen, an meinem freien Tag, unbedingt in die Schule möchte. Ich könnte jetzt über die ersten Tage des neuen Schuljahres schreiben. Darüber, wie ich zwei Tage ohne Telefon und Internet auskommen musste. Ich könnte über's Schwitzen unter Masken schreiben, und ich könnte auch stolz davon berichten, dass sich bei uns fast alle Schüler an die Regeln halten, jedenfalls besser als im Kieler Busverkehr. Ich könnte berichten, dass mir heute ein Schüler erklärt hat, dass Männer eigentlich einen normalen Gang haben, dass Frauen aber alle mit einem Hohlkreuz gehen und den Arsch rausstrecken. Auch könnte ich hüpfenden Herzens von dem tollen Gefühl berichten, die bekannten Kollegen und Schüler wiederzusehen, was für mich tatsächlich besonders wäre, denn einen Schuljahreswechsel an ein- und derselben Schule hatte ich nur sehr, sehr selten. Natürlich könnte ich dann auch berichten davon, wie ich das Trinken vergesse, weil mein Kopf komplett "in den Schülern" drin ist. Ich könnte von der chaotischen ersten Woche erzählen, die wahrscheinlich nicht mehr oder weniger chaotisch ist als an anderen Schulen auch. Könnte ich - mache ich aber nicht.
Stattdessen möchte ich einen kurzen Kommentar zu einer Entwicklung in den USA abgeben. Joe Biden, designierter Bewerber um das Amt des Präsidenten, hat sich als running mate Kamala Harris in's Boot geholt. Aussprache beachten: KAH-ma-la. Sollte Biden im November also tatsächlich zum Präsidenten gewählt werden, würde Harris Vizepräsidentin, und das ist aus mehreren Gründen relevant, wichtig und eine richtige Entscheidung.
Eine schwarze Frau in der hohen Politik der USA, das ist wirklich dringend nötig, damit die Staaten sich endlich vom allzu konservativen, ewiggestrigen Beigeschmack der old white men verabschieden können. Sicher, Biden ist ein old white man, aber denken wir vier Jahre weiter: Biden wäre bei seiner Wiederwahl über achtzig Jahre alt, und es steht zu erwarten, dass er eine zweite Amtszeit nicht übernehmen wird, sondern stattdessen Kamala Harris sich um die Präsidentschaft bewerben würde - was sie auch in diesem Jahr versucht hatte, allerdings aussichtslos gegen die anderen Kandidaten.
Harris wäre das, was unsere Merkel gewesen ist - endlich eine Frau an der Spitze des Staates - aber noch mit Upgrade, denn diese Frau ist schwarz, ihre Eltern stammen aus Jamaica und Indien. Es wäre endlich mal ein Zeichen für progressive Vereinigte Staaten. Außerdem könnte Harris auch schon als Bidens Vize Wählergruppen ansprechen, die sich von einem Pommesbaby namens Donald Trump abgehängt fühlen, und das sind nicht wenige.
Ich habe Harris vor vielen Monaten in der Anhörung Brett Kavanaughs um den Posten im supreme court als kampflustig, bissig und no-nonsense erlebt. Ein bisschen erinnert sie mich in der Hinsicht an Julia Wuttke. Vielleicht möchte ich deswegen, dass es klappt.
In ein paar Monaten sind wir schlauer.
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