Samstag, 29. Oktober 2016

Lara Croft


1996, vor zwanzig Jahren, hat eine Videospielheldin die Bühne betreten mit einem recht einfach gestrickten Abenteuer namens Tomb Raider, zu deutsch Grabräuber. Seitdem ist viel passiert, und es hätte damals wohl niemand gedacht, was mit diesem Debüt alles losgetreten werden sollte. Aber es wurde offensichtlich ein Nerv in der Spielergemeinde getroffen, was nicht zuletzt der Ikone des Spiels zu verdanken ist.

Im ersten Spiel, auf der Suche nach dem Scion, wurde Lara vom Charakter her recht eindimensional präsentiert, der Fokus lag auf prallen Brüsten, aufgespritzten Lippen und knappen Expeditionsoutfits. Das war auch in Ordnung, denn man wollte ein Actionabenteuer kreieren und keine Bergman-Charakterstudie. Und endlich sollte es mal eine weibliche Hauptfigur geben. Indiana Jones, Edward Carnby, warum immer Männer? Lasst uns doch mal eine Vorlage für die feuchten Träume unzähliger junger und junggebliebener männlicher Spieler erschaffen.

Lara Croft ist eine starke Powerfrau. Sie lässt sich weder von Unwettern, noch von wilden Tieren davon abhalten, Schätze zu finden, immer auf der Suche nach der Wahrheit. Sie hat für jede Situation einen coolen Spruch bereit, wobei sie sich beim Sprechen grundsätzlich kurz fasst. Das ist einfach cool. War es vor zwanzig Jahren und ist es immer noch. Es gab diverse neue Teile in der Spielereihe, ohne dass an der Figur der Lara Croft viel geändert wurde. Das Prinzip blieb gleich: Feinde besiegen, Fallen überwinden und Schätze aufspüren.


Lara hat einen äußerst seltenen Sprung geschafft, und zwar aus dem Computerspiel in zwei sogar recht erfolgreiche und sehr unterhaltsame Hollywood-Produktionen. Und auch da hat man einen Volltreffer gelandet, indem man die Rolle mit Angelina Jolie besetzt hat. Sexy, cool, scheinbar unbesiegbar.

Irgendwann allerdings schien es, dass die Serie ausgelutscht ist. Dass man es gut sein lassen sollte, die Cashcow konnte nicht weiter gemolken werden. Doch es kamen neue Ideen, immer verbunden mit der Frage nach Laras Hintergrund: Was ist mit ihren Eltern passiert? Wie ist Lara zu der coolen Actionikone geworden? Mittlerweile zwei Serien-Reboots widmen sich der Frage, und die aktuelle Serie hat eines der besten Spiele der ganzen Reihe hervorgebracht, Rise of the Tomb Raider, das vor einigen Tagen auch endlich für die PS4 veröffentlicht wurde.


Wir erleben Lara als Teenager. Keine coolen Sprüche. Keine Unbesiegbarkeit. Noch nicht im Besitz unzähliger Kampf- und Überlebenstechniken. All das lernt sie auf der Suche nach einem Schatz, den ihr Vater damals aufspüren wollte. Und endlich geht es nicht in erster Linie um die Titten - Lara Croft erhält mehr Tiefe, als die Filme und Spiele zuvor es haben leisten können. Aus erster Hand erlebt man mit, wie Lara zu dem Menschen geworden ist, den man vor zwanzig Jahren durch atlantische Ruinen steuern durfte.

Was dem Spiel dabei äußerst zuträglich ist, ist das hohe Maß an Authentizität, das man zu erreichen versucht. Man kann jeden auf natürlichem Wge zugänglichen Bereich des Spieles erforschen, keine unsichtbaren, willkürlichen Grenzen. Lara hat nicht unendlich Munition für eine der zahllosen Waffen, mit denen sie im Spiel kämpfen kann: Mithilfe von Ressourcen (Holz, Federn, Giftpilze usw.) muss sie sich die Munition selbst herstellen. Es gibt keine Medipacks mehr, sondern Stoff und Kräuter werden benötigt, um Wunden zu heilen (dass das erstaunlich schnell geht, wollen wir dem Spiel zugute halten). Mithilfe der gefundenen Ressourcen kann man schließlich die eigenen Waffen um viele Extras verbessern, für einen erhöhten Schaden oder verbesserte Schussfrequenz.

Das Spiel hält eine Vielzahl an optionalen Missionen, Gräbern und Herausforderungen bereit - die bei erfolgreichem Abschließen Belohnungen bereithalten, zum Beispiel in Codices enthaltenes Wissen über verbesserte Überlebenstechniken. Es ist unglaublich zufriedenstellend, von sich aus einen geheimen Eingang zu einem Grab zu finden und die dortigen Rätsel zu absolvieren.

Lara ist auf einem tollen Weg und es zeigt sich, dass eine Spielereihe auch nach zwanzig Jahren noch positiv überraschen kann. Ich würde mich freuen, wenn es auch für das bevorstehende Release von Final Fantasy XV gelten würde, aber dem sollte ein eigener Beitrag gewidmet werden. An dieses Spiel stelle ich sehr hohe Erwartungen und habe ein wenig Angst, dass sie enttäuscht werden. An Rise of the Tomb Raider hatte ich kaum Erwartungen gestellt und bin extrem positiv beeindruckt worden.

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