Montag, 10. Oktober 2016
Das erste Feedback
Ich weiß nicht, ob es auch anderen Lehrern so geht: Ich bin neu an einer Schule und der erste Elternabend steht an. Das erste Mal gibt es eine kritische Rückmeldung - und ich habe ein bisschen Bammel davor. Die Kiddies können den Unterricht ja gern toll finden, aber das tun sie auch, wenn man ihnen eine DVD nach der anderen reinschiebt (und zwischendurch auch mal Filme zeigt). Und dann geht auch noch etwas schief, so dass wir einen extra Termin machen müssen. Ich habe noch keinen Ruf an dieser Schule, ich muss mir das alles neu erarbeiten. Und deswegen habe ich oft etwas Angst vor diesem Feedback. Voller blindem Vertrauen habe ich einfach meine Methode aus SPO jetzt in NMS zur Anwendung gebracht. Ohne zu wissen, ob sie etwas taugt. Und nach den Eindrücken, die ich von den ersten Fachkonferenzen und co. hatte, bin ich der Meinung, dass ich es alles falsch mache, weil ich es wieder so vielen Menschen Recht machen muss.
Also betrete ich am späten Nachmittag die Schule, vor dem Klassenraum sitzen bereits fünf Mütter. Ich schaue auf dem gesamten Weg dorthin nach unten. Sie werden mich umgehend erkannt haben, Nieten, Ringe, Totenköpfe, Lack. Kein Entkommen mehr - also betreten wir den Klassenraum, instinktiv verstecke ich mich hinter dem Lehrerpult. Fünf musternde Blicke ruhen auf mir, und die Mütter bitten mich, doch etwas zu meiner Unterrichtsgestaltung zu sagen. Sie lassen sich nicht in die Karten schauen.
Ich bin nervös, ich stottere. Ich schaue überall hin, nur den Damen nicht in die Augen. Ich wiederhole mich, zerbreche fast den Kugelschreiber in meiner Hand. Ich rede viel zu schnell, was nach drei Etagen Treppen wie ein sterbendes Alien klingt. Kann ich nicht einfach alles runterrattern, meine Mailaddy hinklatschen und abhauen? Und so tun, als wäre nichts? Als hätte ich die ersten knapp sechs Wochen guten Unterricht gemacht? So ein Scheiß... bestimmt lernen die bei mir wieder überhaupt nichts. So fährt mein Gedankenzug, während ich die Rede zu meinem Unterrichtskonzept beende.
Ich lehne mich zurück, entschuldige mich für den Textschwall. Und atme tief durch. Und blicke den Müttern zum ersten Mal richtig in die Augen, und warte auf das erste Feedback.
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