Freitag, 14. Oktober 2016

Für's Erste durch


"Alas, the Dark Lord has been slain. Gala, thou hast become the new Queen of Underearth!" (die Briten sprechen es ein bisschen wie "andö-ööth") - So oder so ähnlich die Schlusszeilen des echt schönen White Horse Theatre-Stücks, das die sechsten Klassen heute zum Abschied in die Herbstferien genießen durften ("Besser als jeder Englischunterricht, besser als jeder Lehrer, sorry, Dr Hilarius, nichts gegen Sie").

Ich bin erstmal durch. Ihr seid durch. Wir sind durch. Haben uns unterschiedlicher Gesundheit, unterschiedlicher Geistesanwesenheit durch einen letzten Schultag in der Schule oder zuhause gekämpft und ich bin davon überzeugt, viele von uns sind ferienreif. Die meisten von uns. Auch wenn es nur sechs Wochen waren: Am Tag vor den Ferien ist man immer ferienreif. Und was für ein Tag das war...

5:40 Uhr: Der Wecker klingelt. Stimmt, etwas früher, ich muss ja noch die Stunden für heute vorbereiten. Wozu überhaupt? Ich weiß doch schon längst, wie die Stunden ablaufen, in zahlreichen Denkmomenten zusammengebastelt. Aber ich brauche die Zeit zur Verschriftlichung, okay, und ich brauche viel Zeit zum Wachwerden. Mit Downtempo-Musik im Hintergrund (genauso gut für Aufsteh-Phasen geeignet wie Lounge, zum Beispiel die grandiose Hôtel Costes-Reihe des französischen DJs Stephane Pompougnac) wabere ich durch die Wohnung, hier eine Koffeintablette, da ein Glas Wasser, hier Vitamintabletten, da noch ein Glas Wasser, ach scheiß, ich wollte mir noch einen Zettel machen für das Gespräch mit Silke und Jürgen heute Mittag, hab ein bisschen Angst davor. Ach ne, wozu willst Du Dir einen Zettel machen? Vertrau doch mal auf Deinen Kopf! Okay okay, ich packe meine Sachen und fahre los, Frühaufsicht.

7:55 Uhr: "Was machen wir heute in Englisch?" und ich antworte mit einem gequälten Lächeln "Englisch", meine Lieblingsantwort. Wartet es doch einfach mal ab, Leute. Der Unterricht geht nach Plan, ich stimme meine Kiddies ein bisschen auf das Theaterstück ein, wir schauen noch Chihiros Reise ins Zauberland zu Ende - also, andersrum - Freistunde, da kann ich mich sammeln..... kann ich nicht, Telefon im Stützpunkt klingelt, Dr Hilarius, lauf mal hoch zur Klasse Römpömpöm, die sind nicht betreut. Jo, okay, geht klar, Gedankenzug entgleist, egal. Ziel: Heute Abend. Die Meditationen.

12:00 Uhr: Mitten im Theaterstück, die Truppe macht ihre Sache verdammt gut. Hätte nicht gedacht, dass ich mich dafür begeistern könnte, bzw. dass die Kiddies so begeistert davon sind. Kann mich in die Kindsköpfe eben nicht hineinversetzen. Tolles Erlebnis, das jetzt auch geschafft, Franzi in die Ferien "geknufft", Sachen aus dem Stützpunkt holen und auf zu Silke und Jürgen. Wird Zeit für ein Schulleitungsgespräch

14:00 Uhr: Ich fahre total glücklich durch Suchsdorf auf der Suche nach einer Apotheke, mein Nasenspray ist alle. Und Kaugummis brauche ich auch noch, und das Denken fällt mir leicht, denn das Gespräch hat Vieles für mich gelöst und trägt mich noch immer. Ab nach Hause.

18 Uhr: Mitten in der Meditation lasse ich den gesamten Tag mehrmals Revue passieren. Alle Szenen aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Ich erlebe alle Stimmungen, Gesten, Worte nochmal, quasi um mich zu versichern, dass wirklich alles so gelaufen ist, wie es gelaufen ist. Denn manchmal kann ich mir da nicht sicher sein und habe Dinge falsch in Erinnerung oder meine Wahrnehmung ist getrübt, ähnlich wie in dem Film A Beautiful Mind. Ich mache mir einen Plan für die Ferien. Alles aufräumen. Nicht nur die Wohnung, sondern auch den Kopf.

19:27 Uhr: Blogeintrag schreiben. Musik läuft im Hintergrund, ich bin sehr, sehr glücklich und weiß, dass ich gleich in eine zweite Meditation gehen werde, denn da ist so viel passiert heute (in meiner Wahrnehmung - für jeden Anderen wird es wohl ein ganz normaler Schultag gewesen sein). Und ich freue mich immer noch darüber, wie Jay auf meinen Brief reagiert hat. Ich habe diesen Brief seit Monaten geplant und bin alle Szenarien durchgegangen - würde er zurückschreiben? Würde er auf meinen Blog schauen? Würde er diesen Brief vielleicht sogar in seinem Blog erwähnen? Und es ist genauso gekommen, wie ich es mir gewünscht habe, und auch diese Tatsache trägt mich in den heutigen Meditationen. Und außerdem trägt mich ein Film, den ich gerade gesehen habe und sehr schön fand (wenn auch völlig unnötig, eine Rezension wird folgen). So viel Denkstoff!

Es waren sechs sehr anstrengende Wochen. Bei mir weniger physisch als psychisch. Und es war ein Tag voller Impulse, heute, und ich nehme auch was mit:

Perspektive.

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