Donnerstag, 27. Oktober 2016

Du


Der unsägliche Markus Lanz mal wieder. Unsäglich, aber immerhin noch schreiblich, und ich kann es ja nicht lassen, mir solche Fremdschäm-Auftritte anzuschauen. Und wenn dann auch noch Richard David Precht bei ihm zu Gast ist, na Mahlzeit, da haben sich zwei gefunden. Aber, darum geht es mir eigtlich gar nicht, das war nur der Auslöser des heutigen Eintrags. Denn bei Markus Lanz kommt es recht oft wohl vor, dass er seine Gäste duzt.

Nun mag manch' einer sagen, wie unflätig, wie respektlos gegenüber seinen Gästen, wozu haben wir schließlich die höfliche Anrede! Soll das etwa jugendlich und cool wirken, und will er auf diese Weise herausheben, wie gut er seine Gäste bereits kennt? Um die Jugend kann es kaum gehen: Markus Lanz ist siebenundvierzig, Richard David Precht wird zweiundfünfzig. Alter schützt vor Torheit nicht, aber das ist hier fehl am Platze.

Anlässlich dieser Duz-Angewohnheit frage ich mich, wie ich selbst es mit der Anrede halte, und wie ich es von meinen Schülern einfordere. Wenn ich einen Erwachsenen zum ersten Mal treffe, sieze ich ihn in der Regel, aber manchmal kommt mir auch das Du über die Lippen, wenn er mir jünger erscheint als ich es bin - und das ist so langsam öfters mal der Fall. Bei den Schulkindern ist es ja normalerweise so, dass ich sie duze und genaugenommen in der Sekundarstufe II zunächst verpflichtet bin, ihnen das Sie anzubieten. Meistens bleibe ich beim Du.

Und die Schüler den Lehrern gegenüber? In Klasse 5 und 6 rutscht ihnen gern das Du heraus, "Du Herr Lehrer, was ist deine Lieblingsfarbe?" - daran störe ich mich überhaupt nicht. Und spätestens in der Sek II stelle ich es den Schülern frei, mich zu duzen. Das hat für mich überhupt nichts mit Respekt zu tun. Ernst empfundener Respekt äußert sich - meiner Auffassung nach - nicht in Worten, sondern Taten, im gesamten Verhalten des Anderen mir gegenüber. Das gilt auch generell, "Actions speak louder than words do", wie mir Celldweller in einem Song erzählt, und damit kann ich mich identifizieren. Danke, Flo.

Wie halte ich es mit Kollegen? Also, meine Schulleitung habe ich immer gesiezt. Meine Husumer Schulleiterin würde ich um nichts in der Welt geduzt haben wollen. Und das gilt letztlich auch für Eckernförde. Jetzt, in Neumünster-Brachenfeld, ist das anders: Ich duze meine SL' in fröhlicher Gemeinschaftsschultradition und ich merke, wie gut mir das tut, aus Gründen der Wahrnehmung: Wenn ich einen Menschen sieze, baut das in meinem Empfinden eine künstliche Distanz zwischen uns auf. Wie ein Sicherheitsabstand. Wenn ich aber mit einem Menschen zusammenarbeiten soll - in diesem Fall zum Wohle des Kindes - dann brauche ich das Du. Denn dadurch fällt es mir leichter, die Zusammenarbeit auch wirklich als solche zu empfinden.

Einige Sprachen haben das einfacher. Englisch you, auch wenn es mal unterschiedliche Anredeformen gab (of which thee hast knowledge, I presume). Dänisch verwendet auch das Du, Spanisch unterscheidet zwischen tu und usted.

Nur in einer Talkshow, die von einem Springquell an Fettnäpfchen moderiert wird, wirkt es für mich nicht richtig. Zum Glück bin ich nicht im Fernsehen, ich würde so Vieles nichts verstehen - aber das Fass bleibt jetzt erstmal geschlossen.

post scriptum: a toll, jtzt ist auch och das  kaputt. och mhr Buchstab ud ich ka das als Ghimschrift butz.

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