Wieder einmal umgestellt |
Ein grauer, vernieselter Tag wie jeder andere, ich atme in meine Maske, während ich auf den Bus warte, der von dort kommt. Sieben weitere Fahrgäste warten an der Haltestelle Diesterwegstraße an diesem Montag. Sie alle sitzen in und am Wartehäuschen. Ich mache das nicht - es nieselt kaum und wir müssen ja eh' hinten einsteigen, also setze ich mich auf die hintere Bank.
Der Bus kommt, ich entscheide mich für die letzte Tür, drücke auf den Knopf zur Türöffnung, aber nichts passiert. Ich drücke mehrfach, schaue dann einmal nach vorne, ob die anderen Leute einsteigen können. Können sie, tun sie, und zwar so wie früher: Nur durch die Vordertür darf in den Bus eingestiegen werden. Kurzer Moment Verwirrung, dann muss ich ja wieder meine Busfahrkarte vorzeigen, ich steige ein und realisiere die neue "Busausstattung" - ein Plexiglasschutz für den Fahrer, die vorderen Sitzplätze gesperrt, Maskenpflicht, sonst alles wie früher.
Und erst jetzt realisiere ich, dass wir ja einen Schritt weiter gegangen sind in Sachen "Öffnung", einen Schritt in Richtung Normalität. Nächste Woche beginnt wieder Unterricht, in reduzierter Form, ich unterstütze die Englischlehrkräfte in drei neuen Klassen. Mittlerweile schockt mich das nicht mehr so, in meinem Kopf habe ich abgemacht, dass überhaupt nichts mehr planbar ist, dass nichts mehr "gewiss" ist, und versuche einfach alles hinzunehmen. Der Buddhismus hilft dabei, und ich zitiere wieder den Dalai Lama: "Nichts ist entspannender, als das anzunehmen, was kommt."
Ist dann halt eine Phase, in der ich nicht funktioniere. Ich denke nicht daran, mich bei meiner Familie zu melden, ich vergesse, meinen Schülern neue Aufgaben zu schicken, meine Wohnung sieht unmöglich aus. Der Umstand, dass wir eine Phase weiter sind, einen Schritt raus aus dem lockdown, macht die Lage für mich nicht einfacher, sondern verwirrender.
Immerhin weiß ich jetzt, dass ich im Bus wieder vorn einsteigen muss.
post scriptum: Nach langer Zeit habe ich mir heute mal wieder James Ward Byrkits "Coherence" (2013) angeschaut - und er ist wesentlich besser, als ich ihn in Erinnerung hatte. Kleiner Indie-Film mit einer Dinnerparty, bei der etwas schiefgeht. Nicht psychological horror-schief wie in "The Invitation" (2015), sondern science fiction-schief. Mystery. Echt klasse, schönes mind food, regt zum Nachdenken an.
Die große Buba: Das könnte ein Webstuhl-Film für uns sein, ein bisschen im Stil von "Primer" (2004).
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen