Freitag, 6. März 2020

Ausgebremst


So langsam reicht's...

Zwischen meiner Schule und dem Einkaufsgebiet mit Supermarkt, Discounter und Drogerie verläuft eine Hauptstraße. Die Läden sind ein beliebter Anlaufpunkt für Schüler, also muss man dort mit häufigem Schüler-Straßenwechsel rechnen - denn die Ampel wäre fünfzig Meter weiter, und den Umweg wollen viele Schüler nicht gehen. Das Straßenverkehrsamt hat darauf reagiert und ein Tempo Dreißig-Schild aufgestellt. Eigentlich eine gute Idee - wer aber in Molfsee wohnt und die Bushaltestelle an der dortigen Schule kennt, der weiß, dass sich oft nur sehr wenige Autofahrer an solch' ein Tempolimit halten.

Anders in Dietrichsdorf: Der Großteil der Autofahrer, die ich an der Stelle erlebe, bremst tatsächlich auf dreißig km/h ab. Und es kommt noch besser: Es gibt dort einen Fußgängerüberweg. Kein Zebrastreifen, keine Ampel, nur ein abgesenkter Bordstein und die weißen Markierungen für Sehbehinderte, kein Autofahrer wird gezwungen, dort Leute über die Straße zu lassen. Und doch - fast immer, wenn ein Mensch links oder rechts an der Straße steht und darauf wartet, hinübergehen zu dürfen, halten die Autos an.

Ich finde das toll. Es relativiert ein bisschen mein Bild von dem rücksichtslosen Autofahrer, und ich fahre jedesmal mit einem Lächeln an dieser Stelle vorbei - wenn ich nicht gerade für Fußgänger anhalte. Diese Verkehrsstelle kann ein tolles Vorbild sein (abgesehen davon, dass dort gern geblitzt wird).

Abgebremst werde ich allerdings nicht nur durch Straßenschilder und Fußgänger, sondern auch durch das Internet, beziehungsweise dessen Abwesenheit. Ich hatte darüber geschrieben, dass es bei der Terminänderung meines Telefontechnikers kleine Komplikationen gab; damals hatte ich befürchtet, dass ich diese Woche von der Außenwelt abgeschnitten würde verbringen müssen. Diese Befürchtung hat sich bewahrheitet, und ich frage mich ernsthaft, wie mich morgen der Techniker vor seinem Besuch telefonisch erreichen will. Mal schauen, ob das dann zu einer weiteren Verzögerung führt und ich nächste Woche immer noch abgeschaltet bin. Ich halte Euch auf dem Laufenden.

Auch die Verbindung vom Ministerium zu meinem Konto scheint abgebrochen zu sein, denn ich warte jetzt seit einer Woche auf mein Gehalt. "Ruf' doch einfach mal bei deinem Sachbearbeiter an und frage, was damit los ist" - ja, gern, aber zu ihren Bürozeiten habe ich Unterricht und an meinem freien Tag hat sie leider auch ihren freien Tag. "Dann schreib' ihr doch einfach eine Mail" - ist vor ein paar Tagen bereits geschehen, aber ich habe noch keine Antwort; letztesmal musste ich eine Woche auf die Antwort warten. Währenddessen trudeln so langsam erste Zahlungserinnerungen ein.

Ganz abgesehen davon: Wie soll ich telefonieren, wie soll ich in's Internet kommen, um Mails zu schreiben? Ich habe zurzeit keinen Anschluss. Ich nutze momentan unseren Dienstrechner für Mail und Konsorten, geht also nur in der Schule. Und telefonieren in der Schule geht nicht, denn ich kann nicht mit jemandem telefonieren, wenn andere Menschen im Raum sind (das war der absolute Horror während meiner Hiwi-Zeit im Sekretariat der KlassAlt an der CAU Kiel). Ich hänge also vollkommen fest.

Vollkommen abgebremst und nicht zu erreichen; das kann ganz schön ungünstig sein in einer Woche voller Projektprüfungen und Sprechprüfungen. Ich muss zugeben, in dieser Woche wäre ein Handy sehr hilfreich gewesen. Ob ich mir nun doch eines zulege? Nein. Erstmal. Denn ich habe außerhalb solcher "Extremsituationen" immer noch keinen Bedarf dafür.

Und wie bringe ich dann diesen Text zu diesem Zeitpunkt online? Zum Glück gibt es sowas wie öffentliche Hotspots, an denen man sich in ein Netz einklinken kann. Praktischerweise ist in meiner Nähe ein Telekom-Hotspot, und gegen eine Nutzungsgebühr kann ich den verwenden. Ist allerdings offen, nicht gesichert, also besser keine Kreditkarteninformationen übermitteln.

Tja. So fühlt es sich also an, wenn das Privatleben völlig zum Stillstand kommt. Kein Benzin im Tank, seit Tagen nur Nudeln, die Rechnungen stapeln sich, erste Mahnung flattern herein, dazu an einer völlig neuen Schule, ohne jeglichen Halt (auch wenn die Kollegen sich echt bemühen), und in zehn Tagen steht der nächste Termin in der Psychiatrie an. Dann ist es schon nicht mehr ganz so leicht, mit einem unbeirrbaren Lächeln ("...deine Scheiß-Fröhlichkeit.." ^^) durch die Schule zu gehen.

Aber ich versuche es trotzdem. Heute waren Projektpräsentationen dran, und ich habe zwei sehr interessante Vorträge hören dürfen, die tatsächlich zwei meiner Interessengebiete berührt haben. Das wertet das alles dann wieder auf.

Trotzdem wäre ich gern endlich wieder im normalen Takt unterwegs.

Liebe Eltern: Bitte sorgt Euch nicht zu sehr. Alles ist angekommen und ich melde mich, sobald ich kann. In solchen Phasen hilft es mir, mich mit intelligenter Unterhaltung abzulenken, und so habe ich mir heute wieder den Film "Primer" (2004) angeschaut; nach wie vor der intelligenteste Science Fiction-Film, den ich kenne. Was soll die Bescheidenheit, es ist generell der intelligenteste Film, den ich kenne. Mit einem "shoestring budget" und unglaublich faszinierend. Thema? Zeitreisen.

1 Kommentar:

  1. Hallo Tobias,
    schicke uns erst einmal die Rechnungen zu,wir legen vor.
    Mama und Papa

    AntwortenLöschen