Die Familie lädt ein zur Hochzeit... |
Lange keinen Film mehr besprochen, und dabei gäbe es so viele wichtigere, anspruchsvollere Alternativen, aber hier ist ein Film, der einfach Spaß macht, wunderbar unterhaltsam, ein leichtmütiger Genuss: Ready or Not (2019) - eine Horrorkomödie mit dem gleichen Humor, den ich in meinen Cluedo-Drehbüchern, -Filmen, -Romanen und -Spielen verwendet habe.
Das bedeutet: Wir haben ein großes, adliges Herrenhaus, bewohnt von schrägen Charakteren, in diesem Fall die exzentrische Familie Le Domas, die ein Vermögen mit Brett- und Gesellschaftsspielen gehortet hat. Eine traditionelle Familie, wie sie im Bilderbuch steht, und der Film scheut keine Klischees und Stereotype - aber genau das ist es, was ihn so charmant-spritzig macht. Da hätten wir die sauertöpfische (Groß)Tante Helene mit der Sturmfrisur, den Patriarchen und seine Gattin - letztere mit Schalk im Nacken gespielt von einer passend alternden Andie MacDowell - die aufgedrehte, zugekokste Tochter, die bierernste Tochter, die nur wegen des Geldes in die Familie hineingeheiratet hat, der andauernd betrunkene Sohn, der von den Traditionen genervte Sohn, der nur noch raus will, sehr seltsame Bedienstete und natürlich dürfen auch ein paar Kinder nicht fehlen, die durch's Haus laufen.
Tante Helene erinnert mich ein bisschen an Frau Sauerlich |
Ja, diese Familie hat es in sich, und genauso schräg wie ihre Mitglieder sind auch ihre Traditionen. Man munkelt, dass sie mit Hilfe eines Wohltäters an ihren Reichtum und Erfolg gekommen sind, ein gewisser Mister LeBail, und quasi aus Dankbarkeit haben sie eine Tradition ihm zu Ehren eingerichtet: Wann immer ein neues Mitglied in die Familie hineinheiratet, wird in der Hochzeitsnacht ein Spiel gespielt. Natürlich. Welches Spiel es ist, bestimmt das neue Familienmitglied, indem es eine Karte aus einer Rätselbox zieht, die vor Urzeiten einmal Mister LeBail persönlich gehört haben soll. Die eine Tochter hat "Schach" gezogen, der andere Sohn "Old Maid" (da musste ich sofort an It Follows (2014) denken), einfach nur ein ganz klassisches Spielchen, und das neue Familienmitglied muss noch nicht einmal gewinnen, um die Tradition zu wahren.
Klingt alles urig, aber harmlos, und deswegen spielt die Angetraute Grace das Spiel mit, warum auch nicht. Ihr Gatte hat sie zwar gewarnt, dass die Familie einen kleinen Knall hat, aber hey, wessen Familie ist schon normal? Und so sitzen alle um Mitternacht am Hochzeitstag um einen runden Tisch und die Tradition nimmt ihren Lauf. Ich werde zum Inhalt nichts weiter verraten, nur: Shirley Jackson hätte diesen Film in vollen Zügen genossen.
Mir gefällt die visuelle Umsetzung, mit angenehm warmen Farbfiltern, und auch der Soundtrack ist passend gewählt, ich hatte tagelang einen Ohrwurm von dem Lied, das während des Spiels läuft. Natürlich kann man auch kritisieren - zum Beispiel, dass die Charaktere kaum Charaktere sind, eher Typen, und man könnte auch anmerken, dass die sozialkritische Komponente (Reiche und ihre Ticks) mehr hätte herausgestrichen werden können. Wenn man denn meckern möchte. Die Punchline am Ende des Filmes finde ich sehr witzig, und überhaupt erinnern mich die Schlussszenen stark an das Finale von Heathers (1989).
Fröhlich-unterhaltsam-subversiv, darüber hinaus von Stephen King, Guillermo Del Toro und R.L.Stine empfohlen, und hier gibt es mal ein Lachgrunzen genau im richtigen Moment. Cheers!
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