Donnerstag, 7. November 2019

Küssen ist schwul

An den Bushaltestellen wird's romantisch

Nur mal eben Post von der Filiale in der Holstenstraße abgeholt, und dann wieder zum Hauptbahnhof gegangen. Wenn ich mit dem Bus fahren möchte, der aber erst in mehr als vier Monuten kommt, dann gehe ich gern eine Haltestelle weiter. Und sollte ich nicht schnell genug sein und der Bus mich zwischen zwei Haltestellen überholen, dann macht das auch nichts, denn ich habe ja Zeit.

Auf diesem kleinen Fußmarsch fällt mir auf, wie viele von diesen Werbeanzeigen die Straßen und Wege pflastern, in diesem Bushaltestellenformat. Das ist mir heute deswegen aufgefallen, weil es in jeder zweiten Anzeige um eine neue schwule Datingshow irgendwo zum Streamen geht, und es gibt mehrere verschiede Anzeigen dafür, aber sie sind alle gleich aufgebaut: Im Hintergrund stehen mehrere Männer, zwei stehen im Vordergrund und werfen sich romantische Blicke zu, oder sie küssen sie sich. Und darunter steht (auch bei den Nichtküssern): "Küssen ist schwul."

Ich weiß gar nicht, wie ich darauf reagieren soll.

Positiv, weil ich es schön finde, dass endlich einmal küssende Männer in der Öffentlichkeit gezeigt werden dürfen und es nicht so einfach ist, diese Anzeigen zu überkleben, weil sie hinter Glas sind, da traut man sich nicht so leicht ran. Positiv, weil Schwule endlich Einzug in die Normalität erhalten und nach und nach als gesellschaftliche Realität anerkannt werden.

Negativ gar nicht mal wegen dieser Datingshow, die ich mir nicht anschauen werde, oder wegen des Slogans, sondern wegen der Realisierung: Ja, Schwule werden nach und nach als gesellschaftliche Realität anerkannt - aber eigentlich sollten sie es schon längst sein. Deutschland hängt unglaublich hinterher, trotz Freischaltung der Ehe für Alle. Dieses Werbeplakat suggeriert mir, dass diese Sendung etwas ganz Besonderes ist, etwas noch nie Dagewesenes, das man sich unbedingt anschauen sollte wie Tiere in einem Zoo, dabei sollte es etwas ganz Normales sein.

Unsere Gesellschaft muss mal ein bisschen schneller in die Pötte kommen. Film und Fernsehen zeigen so gaaanz langsam auch endlich Schwule (und den Rest der LGBTQ) - ja, das haben sie immer schon gemacht, aber als Freaks. Langsam wird das alles endlich normal, und das freut mich. Alien:Resurrection (2017), Black Mirror ("San Junipero", "Striking Vipers"), Dimension 404 ("Polybius", "Bob"), immer häufiger tauchen diverse Paare auf.

Also los, kann doch nicht so schwer sein ;-) Und mein Eindruck ist, dass die jetzige Schülergeneration damit schon deutlich gelassener umgeht. Klar, diverse Schüler werden immer noch gemobbt, aber es wird weniger, es wird offener, es wird friedlicher.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen