Montag, 17. Juni 2019

Jederzeit bereit


Ihr seid herzlich eingeladen, diesen Eintrag als Selbstbeweihräucherung zu sehen (denn ich werde hier eine Schülerrückmeldung nach Absprache veröffentlichen), aber es geht mir um etwas ganz Anderes. Es geht mir für den heutigen Zweck gar nicht so sehr um den Inhalt jener Mail, die ich heute erhalten habe, sondern um die Art und Weise, wie sie geschrieben wurde.

Sie kommt von einer Schülerin, die ich vor Jahren unterrichtet habe. Wie Ihr lesen könnt, geht es wieder um einen "Eine neue Tür geöffnet"-Fall, Klaus liest das jetzt gerade und sie schmunzelt, denn sie kennt das.

Hochbegabte Menschen zu "entdecken", ist nicht ganz einfach, gerade wenn es sich um Underachiever handelt, die ihr Potential nicht nach draußen tragen - das kann unterschiedlichste Gründe haben, kein Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, Probleme mit dem Selbstbewusstsein, der Wunsch, bloß nicht auffallen zu wollen (weil man ja irgendwie anders ist). Dazu gehört, dass man ihnen Möglichkeiten gibt, zu strahlen, und dass man selbst jederzeit bereit ist, etwas Außergewöhnliches von einem Schüler zu bekommen. Jederzeit. Denn den perfekten Moment gibt es nicht.

Eine dieser Möglichkeiten - zu strahlen - ist die Gedankenreise, über die ich vor gut zwei Jahren einmal geschrieben habe. Denn da haben Schüler die Möglichkeit, einen eigenen Text zu kreieren, völlig ohne Vorgaben hinsichtlich Länge, Inhalt, Ausdruck, und für einen Underachiever ist das, als würde der Lehrer ihm die Hand reichen und sagen "Halte dich nicht zurück, zeig uns, was du drauf hast!" Es ist immer wieder ein tolles Erlebnis, wenn ich so etwas beobachten darf.

Und deswegen muss ich trainieren, jederzeit bereit zu sein. Unabhängig von der Jahreszeit, unabhängig von der Uhrzeit. Egal, ob ich müde bin oder wach. Egal, ob da ein Junge oder ein Mädchen sitzt. Egal, wie die Leistungen in den anderen Fächern sein mögen.

Bitte gebt jedem Eurer Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, etwas Herausragendes zu leisten!

Hallo Dr Hilarius,
Ich weiß nicht ob sie sich noch all zu gut an mich erinnern, aber sie sind mir dafür wie kein anderer Lehrer oder Lehrerin im Gedächtnis geblieben - und das im positivsten Sinne.


Damals als sie in unsere Klasse gekommen sind, befand ich mich in einer sehr schwierigen Zeit. Mich selber zu finden und zu wissen was, wer und wie ich bin hat mich viel Kraft und Selbstbewusstsein gekostet, doch dann kamen sie und haben dem ganzen tatsächlich einen Anstoß gegeben. Ich bin davor und auch danach nie wieder so gerne in den Unterricht gegangen wie bei ihnen. Nicht nur, weil sie mir das Gefühl gegeben habe, dass ich wirklich etwas kann und auch aufs Gymnasium gehöre, sondern auch weil ihre Lehrmethoden und ihr Charakter so anders waren, als all das, was uns die (meist) mittlerweile ihre Rente genießenden Lehrer*innen geboten haben. Menschlich war so viel mehr bei ihnen zu finden, als bei 90% der anderen Lehrer*innen. Ihr Unterricht war nie stumpf und langweilig, es hat sich immer mehr fast wie eine angenehme Freizeitbeschäftigung angefühlt, bei der man dann doch immer schlauer raus gegangen ist als man rein kam. Ich glaube auch nicht, dass ich solchen Spaß am Englisch sprechen haben würde hätte ich sie damals nicht im Unterricht gehabt. Sie haben da wirklich eine Tür für mich aufgeschlossen, wo ich den Raum der darauf folgt nur all zu gerne weiter erforschen möchte. Viel wichtiger, war für mich aber zu sehen, dass nicht alle Lehrer gleich sind. Man muss nicht so sein wie die anderen um trotzdem von den Schülern gemocht und respektiert zu werden, was mir so vorher gar nicht bewusst war, bzw etwas wovor ich viel zu ängstlich war um das auch nur mal in Betracht zu ziehen. Dahingehend, sind sie bis heute tatsächlich eine Art Inspiration für mich.


Es wird immer gesagt, dass Lehrer uns nicht nur unterrichten sollen, sondern uns auch aufs Leben vorbereiten sollen, uns mit Rat und Tat zur Seite stehen sollen, versuchen sollen, dass Beste aus uns raus zu holen, uns gewisse Sicherheit zu geben und uns anregen sollen unsere Talente/unser können zu vertiefen und auszubauen, und das hat in meiner Schullaufbahn niemand so geschafft wie sie. (Natürlich muss man da aber auch im Hinterkopf behalten, dass Lehrer auch nur Menschen sind und keine Superkräfte haben)


Ich erinnere mich immer noch all zu gerne an Sie und ihren Unterricht und habe sie auch immer im Hinterkopf gehabt, wenn ich nochmal Mulholland Drive geschaut habe. Sie waren einer der Besten Lehrer die unserer Schule je passiert sind und haben wahrscheinlich nicht nur meine Schullaufbahn so bereichert und geprägt. Ich habe tausende Dinge im Kopf für die ich mich bei ihnen bedanken möchte, jedoch finde ich kaum die passenden Worte, kann meine Gedanken nicht vernünftig ausformulieren und so tief soll die Thematik der Mail ja auch gar nicht gehen.


Ich hoffe, dass wo auch immer es sie hingetragen hat, sie glücklich gemacht hat und zufriedenstellend war/ist. Und vielleicht haben sie ja ab und zu an uns zurück gedacht.

Ich habe tatsächlich seit drei Jahren darauf gewartet ihnen das zu schreiben wenn ich mein Abi habe und jetzt ist die Zeit ja endlich da :D (das Abi hab ich zwar geschafft, aber Kommas sind immer noch nicht meine besten Freunde😄). Vielen vielen Dank nochmal für den besten Englischunterricht meines Lebens und alles was sie mir nicht nur im Unterricht sondern auch fürs Leben außerhalb der Schule mitgegeben haben.

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