Donnerstag, 21. April 2016

Entschleunigung

Es ist Donnerstag, der 21.04.2016, 15:20 Uhr. Ich bin auf dem Rückweg aus Eckernförde. Ich sitze in einem grauen Auto, ein bisschen verbeult, nachdem ich vor einem Jahr einen Unfall zum Glück nur mit Blechschaden inszeniert habe. Und es fängt wieder an: Mein Gehirn läuft heiß. Schneller. Komm, nun fahr doch schneller. Hier sind Hundertzwanzig erlaubt und die Strecke ist doch frei. Die Mutti will nicht neunzig werden, ich tret ins Blech, klappert da hinten was am Tank? Egal, ich will nach Hause, nun mach mal hinne da vorne!

*Mein Kopf wird langsam rot, Rauch tritt aus den Ohren. Wenn man genau hinschaut, erkennt man, wie sich unten im Bodenblech nach und nach der Höllenschlund öffnet und ich noch mehr Zunder im Kopf bekomme.*

Geht das nicht schneller! Da vorne blinkt einer und will überholen, na endlich, ich komme etwas näher an den Langsamfahrer, scheiße, warum fällt jetzt das Radio aus, ich könnte kotzen und die Sonne blendet...

*Ich ziehe einen Schweif des Wahnsinns hinter mir her und lasse nichts als Reifenspuren, Rauch und verblichene Gedanken zurück, die Karosserie fängt langsam an zu glühen*

...Sonnenbrille klemmt, scheiß drauf, Fenster runter, ich brauch Sauerstoff, der Luftstrom dröhnt in meinen Ohren...

*Funken sprühen, Fetzen fliegen, die Landschaft verschwimmt bei der Geschwindigkeit*

...geil maaaaaaaaan, faaaaaAAAHHHRRRR DOCH SCHNELLER DU FO...

Vollsperrung.

Ich stehe im Stau und sehe, dass der Theodor-Heuss-Ring zeitweise gesperrt wird. Und habe auf einmal ganz viel Zeit. Ich brauche 30 Minuten von Kronshagen Nord bis Hamburger Chaussee. Und ich entscheide mich, zu entspannen. Mir wird bewusst, dass es wieder passiert ist, mein Gehirn ist zu heiß gelaufen, die Gedanken sind zu schnell geworden, und was passiert dann? Ich bekomme vom Leben überhaupt nichts mehr mit. Um Tales for an Accelerated Culture ging es in meiner Examensarbeit, Gruß nach Vancouver, Douglas Coupland!

Ich muss wieder mehr darauf achten, meinen Alltag zu entschleunigen, damit ich auch was vom Leben habe. Deswegen habe ich kein Smartphone, deswegen bin ich oft nicht erreichbar, ich lebe lieber direkt. Das war mal anders, und ich bin froh, dass ich davon einigermaßen weggekommen bin.

Leute, warum habt Ihr es alle so eilig? 

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