Samstag, 3. Juni 2023

Wieder einen Schritt weiter im Bürokratiergehege


Es ist nur ein kleiner Schritt, aber ich sollte ihn hier festhalten, damit meine liebe Susifee mich wieder zu Recht anschimpfen darf, dass sie die News nur durch meinen Blog und nicht durch mich selbst erfahren hat: Es kommt Bewegung in meinen Antrag auf Feststellung einer Schwerbehinderung.

Und dabei stellt sich heraus, dass die Schuld für die elfmonatige Verspätung nur zu einem Teil bei'm Landesamt für soziale Dienste in Neumünster liegt. Im Gegenteil, dort hat man schon im letzten August eine Anfrage an meine Hausarztpraxis gestellt und um Befundunterlagen zu meinem atopischen Ekzem äi käi äi Neurodermitis gebeten. Einmal im August, dann noch zweimal im September, jedesmal ohne Reaktion der Praxis. 

Zum Verständnis: Das Vorliegen einer Neurodermitis kann einen Grad der Behinderung (GdB) von bis zu 30% geben und auf andere Diagnosen aufgerechnet werden, das hängt vom individuellen Fall und der Schwere der Erkrankung ab. Wenn es mir damit richtig schlecht erginge, könnte ich insgesamt einen GdB von achtzig Prozent bekommen (tut es derzeit aber nicht, also würde das wahrscheinlich eh' hinten überfallen) - eine Autismus-Spektrums-Störung gibt mindestens 50%, und ab jenem Wert gilt man laut Gesetz als schwerbehindert mit bestimmten Rechten und Nachteilsausgleichen.

Natürlich habe ich also beide Faktoren in meinem Antrag angegeben, und natürlich hat das Landesamt versucht, zu beiden Aussagen Befunde einzuholen. Es hätte vielleicht geholfen, wenn man mir mitgeteilt hätte, dass meine Hausarztpraxis nicht reagiert, dann wüsste ich wenigstens, wie der Stand der Dinge ist - denn ein Autist fragt von sich aus nicht unbedingt nach, zumal es in der Antrags-Eingangsbestätigung heißt 

"....sodass wir Sie bitten, von zwischenzeitlichen Nachfragen abzusehen. Sollten unerwartete Schwierigkeiten auftreten (z.B. dass befragte Ärzte trotz Erinnerung nicht antworten) oder wir weitere Angaben von Ihnen benötigen, werden wir Sie hierüber umgehend informieren."

Ich habe das wörtlich genommen und fühle mich in hindsight als behinderter Mensch ein wenig verarscht.

Streichen wir das "ein wenig". Zehn Monate lang hat mein Hausarzt nicht reagiert und es ist nichts passiert, und ich bin eine behinderte Person, die offensichtlich nicht in der Lage ist, diese Angelegenheit allein zu händeln. Zum Glück praktiziere ich Lojong, sonst würde mir der Kragen jetzt bereits dreiundzwanzig Mal geplatzt sein. Vierundzwanzig ist besser, weil das eine gerade Zahl ist.

Es tut mir tatsächlich ein wenig im Herzen weh, wenn ich hier und da SchülerInnen mit ähnlichen Verhaltensweisen sehe und ich mir denken muss, dass sie vielleicht mit ähnlichen Komplikationen im Leben konfrontiert sein werden. Sorry, aber barrierefrei ist Deutschland noch lange nicht, da reichen nicht ein paar Fahrstühle an U-Bahn-Stationen und abgesenkte Bordsteine. 

Immerhin war die Dame am Telefon nett und hat mir bestätigt, dass mein Fall schnellstmöglich in die Prüfung geht. Wieder einen Schritt weiter im Bürokratiergehege.

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