Dienstag, 20. Juni 2023

Erschreckende Analogie


Manchmal gruselt es mich, wenn ich Parallelen, Zusammenhänge oder Ähnliches in meinem Leben entdecke. Im Grundstudium der Amerikanistik hatte ich mich für das Theatre of the Absurd interessiert - absurde Literatur auf der Bühne. Eines der Theaterstücke, die ich gelesen habe, war Arthur Kopits Oh Dad, Poor Dad, Momma's Hung You In The Closet And I'm Feeling So Sad: A Pseudoclassical Tragifarce In A Bastard French Tradition (1963).

Es geht um eine Helikoptermutti, die mit ihrem Sohn und ihrem toten Ehemann Urlaub in der Karibik macht. Der Ehemann ist natürlich konserviert und reist im gemütlichen Sarg. Die Mutter, Madame Rosepettle, lebt ihr Leben nach dem Tod des Gatten am Rande des Nervenzusammenbruchs und tut so, als wäre nichts. Das geht eine Weile gut, aber Sohn Jonathan lernt gegen den Willen der Mutter eine junge Frau kennen. Damit beginnt der Zusammenbruch der Madame, der kulminiert in den Fensterläden, die von der Wand fallen, und einem herrlichen Schlussatz der Mutter, den ich gern zitieren würde, aber das Buch liegt im Keller. Es ist etwas in Richtung "Jonathan, das verstehe ich nicht. Auf deinem Bett liegt ein totes Mädchen, dein Vater hängt im Kleiderschrank und die Fensterläden sind heruntergefallen. As a mother to a son I ask you: What is the meaning of this???"

Madame Rosepettle versteht natürlich nicht, dass sie sich gerade im Nervenzusammenbruch befindet, aber die Symbolik im Stück ist eindeutig. Die Parallele zu meinem Leben? Über meinem Schreibtisch klebt an der Dachschräge seit acht Jahren eine Pinnwand, voll mit allem, was irgendwie wichtg ist, wenn ich am Computer tätig bin. Habt Ihr sicherlich auch in irgendeiner Form, Telefonnummern, Adressen, To Do-Listen, Fotos der besten Freundinnen und so weiter.

Ohne Vorwarnung ist vor ein paar Tagen mitten in der Nacht die Pinnwand herabgefallen. Abgesehen davon, dass ich mich zu Tode erschrocken habe, passte das Timing einfach perfekt zu meiner Lebenssituation. Ich musste direkt an das Theaterstück denken. Das Gute: Ich bin inzwischen ein paar Schritte weiter als Madame Rosepettle, habe mich gesammelt, habe viel Unterstützung und bin wieder auf dem Weg nach vorn. Oder nach oben. 

Und ich habe keine Leiche im Schrank.

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