Obwohl ich lieber S- und U-Bahn fahre - und ich hoffe sehr, dass der anstehende politische Entscheid für die Kieler Straßenbahn fallen wird - hat doch der Begriff Bushaltestelle in meinem Leben eine besondere Bedeutung gewonnen. Genauer gesagt, drei besondere Bedeutungen.
Da wäre zuerst die Unterrichtsmethode Bushaltestelle, die bei mir so aussieht, dass, wer in einer Erarbeitungsphase zuerst fertig ist, sich an die Bushaltestelle setzt. Das sind zwei Stühle neben dem Lehrerpult. Von da an können sich Schüler melden, die Hilfe benötigen, und der oder die BushaltestellenschülerInnen gehen dann in die Klasse und helfen. Ganz klassisches Schüler-hilft-Schüler-Prinzip, klappt immer wieder super, gerade in den leistungsschwächeren Kursen kann mir das viel Arbeit abnehmen.
Dann war da noch ein ganz besonderes Erlebnis in meiner schulischen Arbeit, an das ich immer sofort denken muss, wenn ich den Begriff "Bushaltestelle" höre - das Bushaltestellen-Wunder. In der Impro AG haben wir damals ganz am Anfang eine Übung gemacht, bei der die SchülerInnen Menschen spielen sollten, die an der Bushaltestelle warten. Sie haben sich also bestimmte Charaktere überlegt und sind dabei in die "Extreme" gegangen: ein spielendes, unruhiges Kind, ein genervter Schüler, zwei, die sich streiten, alles mit ein bisschen overacting. Danach haben wir eine Übung gemacht, bei der wir uns für fünf Minuten so langsam wie irgend möglich bewegen mussten - so langsam, dass die Bewegungen fast wie von einem Schnappschuss zum nächsten wirkten. Diese extreme Langsamkeit hat etwas in den SchülerInnen bewegt; wir haben danach noch einmal die Bushaltestellenszene gespielt, und plötzlich waren da Menschen, die Sorgen im Leben hatten, die verliebt waren, die lecker gegessen hatten, extrem subtil und realitätsnah dargestellt. Ich hatte diesen "Trick" von Viola Spolin gelernt, hätte aber nicht gedacht, dass er so deutliche Resultate bringt. Wirklich ein kleines Wunder.
Nummer drei bezieht sich auf gestern Abend und den Grund, warum ich diesen Artikel überhaupt schreibe. In der großen Buba-Familie gibt es einen Corona-Fall, und zur Sicherheit haben wir uns gestern einfach unten an der Bushaltestelle Diesterwegstraße getroffen, hingesetzt und ein bisschen erzählt. Es gab eine Phase, da hatten wir das hier öfters gemacht, einfach ne halbe Stunde Bushaltestelle, das war cool, wenn ich vielleicht an einem Abend keine Lust auf Menschen hatte. Ich glaube, das war vor unserer Videospiel-Filme-Medien-gemeinsam-erleben-Phase. War großartig und wird deshalb hier festgehalten.
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