Vor diesem Tag hatte ich richtig Angst, und das schon vor den Herbstferien. Genau genommen seit dem Tag, an dem mein Kurs in Zehn die erste Klassenarbeit geschrieben hat. Ich weiß noch sehr gut, wie ich damals einfach nur mal eben durch drei Arbeiten quergelesen habe und der erste Gedanke war "Oh mein Klott." Viel zu kurze text productions, ein Fließtext im Blocksatz völlig ohne Punkt und Komma, Begriffe wie "other ways" - und ich verstehe bis heute nicht, was das heißt.
Nun, das war vor den Ferien, und ich habe den Stapel der Klassenarbeiten erstmal weit weg geschoben. Nützt ja aber alles nichts, irgendwann war die Korrektur dann dran und in Sachen Noten war von Drei bis Sechs alles vorhanden, Durchschnittsnote Vier Plus. An sich noch kein Grund zur Sorge; die Arbeit musste nicht genehmigt werden, und für einen "mittleren" Englischkurs im zehnten Jahrgang ist das in Ordnung. Angst hatte ich vor dem Tag der Rückgabe der Arbeit - der gleichzeitig Tag der ersten Notengespräche sein sollte.
Einige Schüler haben sich nämlich viel vorgenommen: Auf jeden Fall den MSA schaffen, dann in die Oberstufe und das Abitur, und dann studieren. Und einige schätzten sich selbst auch als richtig gut ein. Da hat sich bei mir die Hoffnung aufgebaut, dass die Arbeit dann Beweise dafür liefern würde, aber nein. Deidhe. Und heute sollte dann also der Tag sein, an dem ich ihnen ihre Arbeiten zurückgebe und ihre Illusionen zerstöre.
Ich glaube, das ist alles wieder nur in meinem Kopf. Schließlich nehmen sie ihre Ergebnisse hin, akzeptieren, suchen nach Wegen, sich zu verbessern. Und sicherlich war das Gespräch mit einer Sechs in der Arbeit - unbequem. Noch unbequemer, wenn jemand generell so auf Fünf steht, aber den MSA schaffen möchte: Ich muss ihm klar machen, dass das Nicht-Bestehen eine reale Wahrscheinlichkeit hat. Ich mag solche Gespräche wirklich nicht - geht das nur mir so, oder kennt Ihr das?
Was mir heute gleich zu Stundenbeginn den Druck von den Schultern genommen hat: Ich gehe in die Klasse, schwungvoll zum Lehrerpult, setze mich hin und RRRRRRRATSCH-OMG. Bitte nicht. Aber der Blick nach unten bestätigt mir, dass meine Hose im Schritt aufgerissen ist. Es wäre eine Gelegenheit für Panik - wie soll ich damit umgehen? Ich habe versucht, das alles irgendwie zu überspielen. Im Nachhinein ärgert mich das: Der Mensch, der ich sein möchte, würde den Schülern sofort davon erzählt haben, dann hätten wir alle etwas zu lachen und ich müsste nicht krampfhaft dieses Loch in der Hose zu verstecken versuchen.
Aber das Training (Lojong) hört nie auf. Mutig voran!
post scriptum: Wow, diese Angst vor der Rückgabe hat mich tatsächlich so sehr beschäftigt, dass ich über eine Woche lang nichts geschrieben habe. Behinderung in your face!
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