Dienstag, 25. Juni 2024

Mit dem Ziel der Vergleichbarkeit?!


Dieses Lied ist schon oft gesungen worden. Weil es mich aber wieder ein paar Tage gedanklich blockiert hat, schreibe ich jetzt darüber, um mit der Sache abzuschließen.

Es geht um das Auswahlgespräch vor knapp einer Woche. Mir ist bewusst (aber immer erst hinterher), dass es eines von der Sorte war, wo die Schule schon jemanden für den Vertretungsbedarf hat, aber trotzdem pro forma die Auswahlgespräche durchführen muss. Ich kenne das, weil ich oft genug in der anderen Rolle war - man wollte mich behalten, und Schulen finden dann Wege, mögliche Kandidaten abzuwimmeln. 

Was mich aber gestört hat, war die Form des Gesprächs, und ein Satz, der immer wieder gefallen ist.

"Sie haben jetzt dreißig Minuten, sich zu diesen sechs Fragen zu äußern. Das machen wir mit allen Bewerbern so, für die bessere Vergleichbarkeit."

"Darf ich auch etwas sagen, was nichts mit den Fragen zu tun hat?" - "Nein, beziehen sie sich bitte nur auf die Fragen, für die Vergleichbarkeit."

"Wir [die Auswahlrunde aus Fachvorsitzenden, Gleichstellungsbeauftragter und Schulleitung] sagen in diesem Gespräch gar nichts. So können wir die Kandidaten besser vergleichen."

In der Theorie klingt es gut, dass jeder, der sich bewirbt, den gleichen Fragenkatalog abarbeiten soll. Wenn ich aber weiß - oder besser gesagt wüsste - dass ein Bewerber Autist ist, dann muss ich die Gesprächsform etwas anpassen, zwecks Chancengleichheit. Es ist ein kleiner, aber feiner Unterschied zwischen Vergleichbarkeit und Chancengleichheit. Ein Autist kann große Probleme haben mit Fragen wie "Wie würden sie in Latein den Übergang von der Spracherwerbsphase in die Lektürephase Schüler ansprechend gestalten?"

Das kann ich nicht beantworten. Dazu muss ich wissen, wer meine SchülerInnen sind, wie sie aussehen, was sie für Interessen haben. Mein Theory of Mind-Defizit sorgt dafür, dass ich diese Frage nicht beantworten kann. Wenn dann fünf von sechs Fragen so gestellt sind, hat der Autist keine Chance.

Das ist wie in der Geschichte Das Springseil. Die Geschichte ist vollkommen absurd, ganz klar - aber leider authentisch. In der Story soll eine Sportklasse eine Springseilprüfung ablegen, und für die Vergleichbarkeit bekommt jeder die gleiche Aufgabe und das gleiche Springseil. Blöd nur, dass eine Schülerin nur einen Arm hat und die geforderten Aufgaben nicht erfüllen kann.

Noch einmal: Gute Vergleichbarkeit und Chancengleichheit sind zwei verschiedene Dinge. Ich wünschte, mehr Schulen würden sich die Mühe machen, das umzusetzen.

post scriptum: Lily, ich antworte Dir! Brauchte nur etwas Zeit wegen der Blockade.

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