Donnerstag, 5. Dezember 2019

Hunger?


Ich glaube, ich weiß nicht, was Hunger ist - besser gesagt, wie sich Hunger anfühlt. "Hast du Hunger?" haben meine Eltern mich als Jugendlicher gefragt, und wenn ich das richtig in Erinnerung habe, dann habe ich meistens verneint. Habe ich Hunger? Woran merke ich das? Wenn mein Magen knurrt, dann ist das für mich kein Ausdruck für ein Bedürfnis, sondern einfach nur nervig. Ich weiß noch sehr gut, wie ich mich in der Schule immer verkrampft hatte, wenn in Arbeitsstille mein Magen in der Klasse geknurrt hat. Und das nur, weil ich mal wieder nichts gegessen hatte.

Das hat sich auch quer durch mein Studium gezogen - weil Essen für mich irgendwie so unwichtig ist. Mein Kopf interessiert sich für ganz andere Sachen. Dafür, was der Dozent gerade sagt. Für die neuen Zauber, die ich gerade im Videospiel gelernt habe. Für den Zeitungsartikel, den ich gerade lese. Mein Kopf findet immer irgendwas, um sich darin zu vertiefen, aber es geht dabei so gut wie nie um's Essen.

So etwas kann theoretisch - und auch praktisch - zu Problemen führen. Das Magenknurren ist schließlich ja auch eine Art Sicherheitsmaßnahme des Körpers, um nicht irgendwann ohne die nötige Energiezufuhr zusammenzuklappen. Wenn mein Magen dagegen knurrt, denke ich nur "Geh weg!" (die große Buba sagt das gerade laut), oder nehme das überhaupt nicht wahr.

Vielleicht ist auch das einer der Gründe, warum ich auf das intermittierende Fasten gewechselt habe. So esse ich nur eine Mahlzeit am Tag, und zwar abends. Das vergesse ich nicht, das kann ich mir gut merken, und den Rest des Tages kann mein Kopf sich dann wieder wunderbar austoben. "Hunger" ist mir tatsächlich irgendwie unbekannt - es sei denn, ich habe wirklich mehr als einen Tag lang nichts gegessen. Doch selbst dann merke ich das manchmal erst, wenn es mir schwummrig wird und ich weiße Sterne sehe. "Also, das Essen würde ich nie vergessen", sagen mir die meisten, denen ich davon erzähle.

Und darum beneide ich sie manchmal.

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