Freitag, 11. Oktober 2024

Ferienreif!


Leute, ich bin sowas von reif für die Ferien! Und das war alles so absehbar, es ist genau gekommen, wie befürchtet: Mitten in der Diagnosephase (Crohn?) nach über einem Jahr Arbeitslosigkeit an eine neue Schule zu kommen, das bringt den Autisten vollkommen aus seiner Taktung. Wieder neue KollegInnen, die mir sagen möchten, wie ich meinen Unterricht zu machen habe - ja, diesmal mit "Du musst..."-Anweisungen und nicht "Ich würde..."-Vorschlägen - wieder ein Haufen neuer SchülerInnen, die sich erstmal an das Prinzip Dr Hilarius gewöhnen müssen und anfangs am Rad drehen, das alles mit dem Verstärkungsfaktor Perspektivschule

Zweitsteckung zu sein gibt einem viele interessante Einblicke in den Unterricht der anderen Lehrkräfte. Und dann merkt man natürlich auch, wenn jemand nicht so unterrichtet, wie es eigentlich nach dem Schulkonzept gedacht ist, und das kann ich dann in meinem Kopf wieder nicht vereinbaren. Wir unterrichten nach der Neuen Autorität, was ich zu einem großen Teil nachvollziehen kann, da ich aus der Humanistischen Pädagogik komme.

Dann aber tönt es von mehreren Seiten: Du musst strenger sein, du musst die gleich einnorden, sonst tanzen die dir irgendwann auf der Nase rum, da musst du mit Strafen arbeiten, Unterrichtsklima Furcht, das kann es doch nicht sein. Und ich kann noch nicht einmal garantieren, dass das Hilarius-Prinzip diesmal aufgeht, denn mein Vertrag läuft nur bis zum elften Dezember, ich kann mich also womöglich nicht einmal richtig etablieren. Keine Zeit, meine Art des Unterrichts vielleicht wertzuschätzen lernen.

Das alles, kombiniert mit der Gesundheit, sorgt dafür, dass ich die ersten Ferientage geistig tot sein werde. Es ist alles viel zu viel, volle Stelle kombiniert mit mehreren Ärzten, daran muss ich mich erst gewöhnen.

Ich weiß, ich bin an unserer Schule nicht die einzige Lehrkraft, die reif für die Ferien ist. Wie sieht es bei Euch aus?

Sonntag, 6. Oktober 2024

Die Hochzeit meines Bruders


vorweg: Ich bin mir sehr sicher, dass er das lesen wird. Dass sie das lesen werden; und ich möchte nur vorweg den Ratschlag geben, das mit einem Augenzwinkern zu lesen. Denn unter'm Strich habt Ihr mich heute sehr, sehr glücklich gemacht.

Lieber Bruder, liebe Schwägerin!

Vor ein paar Wochen habe ich Mama gefragt, ob es wohl okay ist, wenn ich eine kleine, witzige Rede zu Eurer Hochzeit schreibe. Im Studium habe ich es geliebt, Beiträge für die Bühne zu schreiben und aufzuführen, und das war so eine tolle Gelegenheit - gerade weil es sich ein wenig so angefühlt hat, als käme die Hochzeit aus dem Nichts. Unsere Eltern hatten sich bereits damit abgefunden, dass unsere Familienlinie hier endet, und dass sie nie Großeltern werden würden, und dann kam eines nach dem anderen, ziemlich zügig. Reichlich Futter für ein paar unterhaltsame Worte.

Und dann kam nichts. Keine Inspiration, keine Muse, stattdessen Corona, die Arbeit an einer neuen, herausfordernden Schule und chronische Krankheit. Ist doch nicht wahr... aber ich hatte tatsächlich ein paar Tage vor Eurer Trauung die bittere Erkenntnis an unsere Eltern getextet, dass ich wohl nichts beisteuern könnte. Aber dann ist da ja noch Mama, die bei solchen Anlässen ihren Mund nicht halten kann - zum Glück!

Immerhin wollte ich aber dabei sein an diesem Tag, für Euch vielleicht der glücklichste seit Langem. Und dabei gab es Vieles, was im Kopf dieses Autisten im Weg gestanden hat. Mit so vielen Menschen einen ganzen Tag verbringen... normalerweise habe ich Medikamente, die das leichter machen, aber die sind zur Zeit nicht mehr da. Dazu meine unberechenbare gesundheitliche Situation... und dann kam auch noch die Schule dazu, denn unsere Schule hat sich keinen Brückentag gegönnt, im Gegenteil, Crosslauf für unsere SchülerInnen war angesagt, und Lernentwicklungsgespräche für die Eltern. Und ich war als Aufsicht eingeteilt, genau zum Zeitpunkt der Trauung, wie ungünstig. Viele Gründe also, abzusagen. Nix da. Ich wollte meinen Bruder unbedingt einmal in dieser Situation erleben, echte Verliebtheit für Publikum, wie geht er damit um, und ich wollte endlich meine Schwägerin und meine Nichte kennenlernen.

Zum Glück ließ sich die Aufsicht tauschen, und so war ich früh in der Kälte an der Schule, danach rasant nach Hause. Dabei in den falschen Bus eingestiegen, abgelenkt durch ein Schülergespräch, halbe Stunde Umweg, Anschlussbus verpasst, Stresslevel steigend. Als ich dann in den Bus zum Rathaus eingestiegen bin, war ich einigermaßen aufgewühlt, aber ich wollte das Ereignis auf keinen Fall verpassen.

Also gehe ich auf das Standesamt zu, und sehe sofort den roten Hut. Mamas Markenzeichen. Zum Glück, möchte ich meinen, denn es standen hier und da verteilt drei verschiedene Hochzeitsgesellschaften vor dem Amt - Wochenende, mittags, what do you expect. Eine Gesellschaft komplett in rote Shirts gewandet, und ich hatte ein wenig Angst bekommen, ob ich einen Dresscode verpasst hätte, aber wie gesagt, da war dann der rote Hut und nach und nach ist die Familie eingetrudelt, Onkels, Tanten, und natürlich auch die andere Familienhälfte, die ich nun zum ersten Mal sehen konnte.

Und Dein Trauzeuge - am Gesicht sofort wiedererkannt, aber ich habe gestaunt, wie viele graue Haare er bekommen hat, dabei wirkte es wie gestern, dass ich ihm noch an der Uni über den Weg gelaufen bin. Na, dann muss doch irgendwo auch der Bräutigam sein, aber ich hätte ihn nicht bemerkt, wenn unser Bruder mich nicht auf ihn hingewiesen hätte. Und da war er, und innerhalb von Sekunden wurde zuerst das Outfit gescannt.

Diese Schuhe.

Die gehen ja gar nicht, war mein erster Gedanke - dabei lag das Outfit voll im Trend, eine Kombination aus sandfarben, weiß und hellblau, ein schönes maritimes Motto. Allerdings wirkten die Schuhe wie ein rebellischer Kontrapunkt zur konservativen Fliege und Einsteckblume. Sind das Sportschuhe? Ganz in weiß? Fehlt eigentlich nur noch ein Nike-Logo, aber das war nicht dabei. Der Fairness halber muss ich hier aber auch erwähnen, dass ich mich innerhalb der nächsten Stunde mit den Schuhen anfreunden konnte, denn irgendwie haben sie ja zu Dir gepasst, laid-back, lockerer, entspannter, eigentlich genau richtig, könnte man sagen.

Und dann die Braut in einem absolut grandiosen Zweiteiler, eine weiße Spitzenbluse und ein cremefarbener, langer Rock, ein Hauch von bauchfrei, wunderbar passend zur gebräunten Haut und dem Sonnenschein gestern - der Hammer. Und dann erst habe ich realisiert, dass ich Dich, liebe Schwägerin, bisher noch nie gesehen hatte. Und dann Euch beide strahlend, Arm in Arm zu sehen, das hat mir ein Lächeln auf's Gesicht gebracht, fast schon krampfhaft, aber ganz ehrlich und authentisch. Ich habe selbst nicht so ganz verstanden, warum ich mich gerade so sehr freue.

Dieses Grinsen blieb auch, während die Standesbeamtin den Namen Eurer Tochter falsch genannt hat, und danach den Namen der Braut, zwei kleine fauxpas, die dem Ganzen allerdings Authentizität gegeben haben, das war erfrischend. Zu dem Grinsen haben sich dann doch tatsächlich zwei kleine Tränchen in den Augen eingefunden, und da sage nochmal jemand, Autisten seien emotionslos. Aber bevor ich zu gefühlsduselig werden konnte, kam ein Highlight der ganzen Zeremonie: Das Ja-Wort, das Du, lieber Bruder, so säuselig zur ihr hingehaucht hast, dass wir uns ein Kichern kaum verkneifen konnten. Ist halt schon etwas Besonderes, den Bruder, den man seit über vierzig Jahren kennt, so liebesduselig zu erleben. Es war grandios!

Ebenso grandios wie der Fotomoment danach vor dem Standesamt, bei dem wir alle quasi Spalier standen; bevor ich das realisiert hatte, hat man uns ein Bambusstöckchen mit Glöckchen und Geschenkband in weiß und rosé in die Hand gedrückt, so dass wir Euch bei'm Hinaustreten aus dem Gebäude wie ein Team aus Cheerleadern empfangen konnten. Und wie wunderbar Du dich dann über Deine Gattin gebeugt hast, um sie zu küssen, das hatte etwas Filmisches - natürlich auch hier nicht ohne das familientypische Lästern, denn Ihr habt es geschafft, das genau im Schatten einer der schlanken Säulen des Gebäudes zu machen. Um Euch herum die Sonne, doch Ihr steht im Dunklen.

Was mich zum Tenor bringt, der sich durch die Rede der Standesbeamtin und unserer Mutter gezogen hat, und an dem ja auch etwas dran ist: Zu einer Ehe gehören auch Schattenmomente. Man mag von stürmischen Zeiten oder von Gewitterphasen sprechen - es ist klar, dass es zwischen Euch in den kommenden Jahren immer auch mal krachen wird, weil Ihr unterschiedlicher Meinung zu einer Sache seid. Das ist auch gut so: Wie eine politische Opposition ist das Eure Möglichkeit, gegenseitig den Horizont zu erweitern und nicht in den gewohnten Bahnen zu erstarren. Jedes Gewitter hat etwas Reinigendes, hieß es später in der Rede, und die Rednerin - Mama - weiß, wovon sie da gesprochen hat.

Natürlich hat es auch zwischen unseren Eltern gekracht. Auch wenn sie versucht haben, das vor uns Kindern "geheim" zu halten, hat das nicht immer geklappt, und ich erinnere mich an Momente, in denen ich ängstlich im Bett gelegen habe und mich gefragt habe, ob Mama und Papa sich jetzt trennen. Schreierei, Tränen, das alles gehört gerade im Leben eines Autisten dazu (Meltdown, anyone?) - und trotzdem sind unsere Eltern jetzt seit über fünfzig Jahren verheiratet und werden irgendwann, nicht zu bald, auch noch zusammen in's Grab fallen.

Ich wünsche Euch beiden, dass Euer Band ebenso all' diesen Unwägbarkeiten standhalten wird. Das sage ich nicht ganz uneigennützig - ich werde nie das leckere Essen auf der Silberhochzeit unserer Eltern vergessen, also bis dahin müsst Ihr bitte auf jeden Fall kommen, damit ich mir noch einmal hemmungslos den Wanst vollschlagen kann und danach mit Haus-Natron wimmernd auf dem Bett liegen muss, weil ich mich überfressen habe.

Macht das, Ihr Lieben. Macht aus dieser Zeit eine der schönsten Eures Lebens! Nehmt Eure Tochter mit durch dieses aufregende, nicht immer einfache Abenteuer, und wer weiß, vielleicht gesellt sich irgendwann ja noch ein kleiner Steppke dazu. 

Ich hoffe, Ihr habt Euer Hochzeitswochenende in vollen Zügen genossen. Ich bin früher gegangen, Ihr wisst warum, aber traurig werden konnte ich darüber aus zwei Gründen nicht:

1) Diese Trauung, die ich miterleben durfte, hat mich wahnsinnig glücklich gemacht, eine Art Rausch, der bis zum heutigen Sonntag angehalten hat - jetzt wird es langsam Zeit für die Alltagwerdung - und der jeden wehmütigen Gedanken verdrängt hat.

2) Es war einfach zu absurd, wie ich danach durch die Stadt nach Haus gegangen bin, zwei Meter groß, schwarz lackierte Fingernägel und gänzlich schwarzes Outfit, mit zwei der weiß-rosé-farbenen Cheerleaderglöckchen in den Händen. Wenn mich irgendjemand darauf angesprochen hätte, hätte ich ohne Zögern mit einem Strahlen geantwortet, dass ich von der Hochzeit meines Bruders komme und es mir vollkommen egal ist, was andere Menschen denken mögen; in diesem Moment war mir nur wichtig zu wissen, dass Ihr beide glücklich seid.

Bleibt auch weiterhin glücklich, geht durch diesen Leistungskurs in Sachen Teamfähigkeit und habt viele schöne Stunden als Familie. Auch wenn ich manchmal in der Versenkung verschwunden erscheine: Ich bin immer hier, ich erlebe das mit, und freue mich auch weiterhin für Euch und fiebere mit Eurem Leben mit.

Danke, und alles, alles Liebe für Euch!

Euer Tobi

Mittwoch, 25. September 2024

Sechs Stunden Brennpunkt


"Bei der Klasse, da musst du aufpassen, das könnte etwas schwieriger werden - wir helfen da auch gern weiter. Da sitzt nämlich ein Leistungsverweigerer drin."

Heute kann ich über die Sorge nur noch schmunzeln, aber damals, in meinem nullten Semester - und an jener Schule - war das schon etwas ganz Besonderes und ein großes Hindernis für manche KollegInnen. Mittlerweile bin ich ein paar Schularten weiter, und einen Leistungsverweigerer je Klasse zu haben, das ist schon ein Luxus. "Ich kann kein Englisch" wird gern als Rechtfertigung genommen, es gar nicht erst zu versuchen. Oder es kommt ein einfaches "Nö, mache ich nicht" zurück. Da wird man als Lehrkraft auf die Probe gestellt - und dabei sind wir noch nicht einmal in der Kategorie Unterrichtsstörungen angekommen.

Sowas lässt sich aushalten - im Gegenteil, für Manchen ist das sogar eine Herausforderung, an der man wachsen kann und der man sich gern stellt. Das hat allerdings auch seinen Preis, und für mich gilt: Sechs eigenverantwortliche Stunden an einer Perspektivschule sind genug für einen Tag. Ich bin danach physisch völlig ausgelaugt, und ich realisiere das erst, wenn ich zuhause ankomme und den Rest des Tages zombiefiziert verbringe. Ich schaffe nichts mehr, es geht nur noch um Selbsterhaltung - und dann kommt der nächste Tag.

Ich liebe diesen Job - aber unter der Woche bin ich für Außenstehende quasi nonexistent. Meine Freunde wissen das und ich danke ihnen für die Geduld. Ich weiß auch, dass das nicht nur Menschen auf dem Spektrum so gehen kann - auch hochsensible Menschen werden stark ausgelaugt und brauchen viel Zeit, um die Eindrücke eines Tages zu verarbeiten. 

Ich wünsche Euch, dass Ihr diese Zeit findet, damit Ihr euren Job auch noch lange lieben könnt :-)

Freitag, 20. September 2024

Ich kann Dich glatt durchschauen!


Heute ist der zehnte positive Testtag, allerdings mit einer kleinen Variation: Der Teststrich ist nur noch ganz dünn zu sehen. Ob das damit zusammenhängt, dass das Virus mich langsam in Ruhe lässt? Ich würde es mir ja wünschen, aus mehr Gründen als nur den Schluckbeschwerden.

Montag geht es endlich zurück in die Schule, und nachdem ich fast zwei Wochen ausgefallen bin, habe ich etwas Angst, dass ich mich wieder wie ein Fremder fühlen werde, und ich habe ein richtig schlechtes Gewissen meiner Zweitbesetzung gegenüber. Und dann kommen wir möglicherweise gerade wieder in den Schulrhythmus, und dann sind auch schon Herbstferien. Den ersten Leistungsnachweis sollte man gern vorher abgehakt haben - dann werde ich mich mal darauf berufen, dass alles mit einer Bearbeitungszeit von einundzwanzig Minuten oder länger als Klassenarbeit gilt. Ich hoffe mal, dass wir genug Stoff dafür zusammenbekommen.

Das ändert nichts daran, dass ich mich heute noch ziemlich krank fühle, die Nase läuft ununterbrochen, und nach einer Stunde bin ich schon wieder reif für's Bett.

In jedem Fall wünsche ich Euch, die Ihr auch gerade von Corona betroffen seid, eine schnelle Genesung oder zumindest einen milden Krankheitsverlauf!

Sonntag, 15. September 2024

Immer das Positive sehen

Das werden wir so schnell nicht wieder los...

Ich weiß noch, wie darüber gewitzt wurde, auf dem Kennenlerntreffen, wie die neuen Lehrkräfte sich im Bazillenherd Schule direkt eine Krankheit einfangen würden, und dass deswegen der Vertretungsplan großen Schwankungen unterliegen kann.

Dass ich selbst Corona bekommen würde, damit hatte nich nicht gerechet. Die ersten zwei Tage dachte ich nur, es sei Fieber, aber meine Hauarztpraxis hat mir empfohlen, sicherheitshalber einen oder zwei Schnelltests zu machen, und siehe da: Positiver Teststreifen auf mittlerweile sechs Tests, flachgelegt bis Mitte nächster Woche, und dann kann ich mich hoffentlich freitesten.

Interessantes Ding mit den Symptomen: Das Fieber war schnell wieder weg, aber die Halsschmerzen sind enorm und ich muss morgens erstmal eine Kanne Tee trinken, bevor ich irgendwas Festes schlucken kann, ohne dass es mir im Hals steckenbleibt. Ansonsten Kopfschmerzen, Schwäche in den Armen, und die meiste Zeit liege ich auf der Couch und warte auf Besserung.

Toi toi toi, dass es niemanden von Euch erwischt!

Samstag, 7. September 2024

Die erste Schulwoche


Meine Waschmaschine kommt kaum hinterher - wobei das Hauptproblem darin liegt, dass die Wäsche nicht schnell genug trocknet, um die nächste Ladung aufzuhängen. So ist es eben, wenn unter der Woche die Sachen liegen bleiben. Und das wiederum passiert, gerade bei sensiblen Menschen, wenn sie an einer turbulenten Perspektivschule arbeiten, und das auch noch in Vollzeit.

Aber so voll der Stundenplan auch sein mag, so erfüllend ist die Arbeit mit Schülerinnen und Schülern in schwierigen Situationen. Es ist physisch auslaugend, nach jedem sechsstündigen Schultag falle ich zuhause um und brauche Regeneration und Meditation - es fühlt sich an wie damals in St.Peter-Ording. Wenn man sich dann zwischendurch auch noch den Fuß verknackst und in kleinen Schrittchen über den Schulhof humpelt, dann ist das doppelt anstrengend - aber alles auf dem Weg der Besserung.

Nun ist es also wieder soweit, das gegenseitige Beschnuppern mit dem neuen Kollegium und der neuen SchülerInnenschaft. Jede neue Lehrkraft bekommt einen Partner an die Seite gestellt, wie ein Mentor, das ist eine nette Idee - und weil wir als Perspektivschule gefördert werden, sind in den I-Klassen (bei uns 75% der Jahrgänge) fast alle Stunden im Plan doppelt und einige sogar dreifach besetzt. Das entlastet mich als Lehrkraft ungemein, dazu kommt der I-Klassenteiler von zwanzig und ich habe eine Mannschaft an Kiddies da, die ich bändigen kann. Ich wünschte, ich könnte immer so arbeiten.

Ich kann gar nicht verstehen, dass es Schulen gibt, die keine Perspektivschule sein wollen, denn "das schade ja dem Image der Schule"...

Aber natürlich steht dann an jedem Wochenende der Blick in's Internet an - gibt es irgendwo eine neue passende Planstelle? Das Dilemma, wenn man nicht das Richtige studiert hat. 

Schon der erste Tag in der neuen Atmosphäre hat gut getan:

Montag

Jetzt ist es wieder so weit, nach dreizehn Monaten Regungslosigkeit. Mit einem aufgestockten Stundenplan in der Hand, war es heute Zeit für eine Art Einstimmungstreffen der neuen Lehrkräfte und Schulleitung. 

Ich muss zugeben, ich hatte etwas Angst im Gepäck, als ich morgens im Bus zur Schule gesessen habe. Nagende Zweifel, würde ich nach so langer Pause wieder in die Arbeit reinkommen, kann ich gleich mit so vielen neuen KollegInnen und Räumen und SchülerInnen starten?

Am Ende des Treffens habe ich mich dort richtig wohl gefühlt, willkommen und gut aufgehoben. Auf dem Weg zur Bushaltestelle bin ich dann noch mit drei Schülern in's Gespräch gekommen, Mittelstufe, sehr sympathisch, die auch recht zügig zur Frage gekommen sind, ob ich Frauen oder Männer mag. "Beides", habe ich ihnen dann erklärt, weil ich mich nicht unnötig festlegen will, und damit war das geklärt. 

Die Jungs haben mich dann noch darüber aufgeklärt, was es mit der Modemarke Balenciaga auf sich hat, weil sie dachten, meine Schuhe (New Rock Boots) seien vielleicht von denen. Und einer von ihnen hatte ein Oberteil von Dior. Kleine Nachwuchs-Talahons ;-)

Und so bin ich hier kaputt zwischen Wäschestapeln und Post und arbeite alles Liegengebliebene nach und nach ab, und vielleicht kann ich mich morgen endlich von meinem Bart trennen. Der ist entstanden, weil ich zum Rasieren zu schlecht sehen konnte. Die Entzündung der Augen geht immer weiter zurück und ich kann wieder besser sehen, man könnte fast sagen, es geht in jeder Hinsicht gut voran.

Ich hoffe, dass Eure erste Schulwoche mehr war als nur "zurück in den alten Trott". Ich wünsche Euch, dass Ihr von Euren Kiddies genau so viel zurückbekommt, wie Ihr investiert, und auch wenn es manchmal wie ein Kampf gegen Windmühlen wirkt und man sich fühlt, als käme man kaum voran: Die Kleinen wissen diese Anstrengungen zu schätzen, wenn man erstmal einen Zugang zu ihnen gefunden hat.

Habt viel Spaß, und es ist nicht mehr lang bis zu den Herbstferien ;-)

Dienstag, 20. August 2024

Bei'm Augenarzt


 Vorweg: Dieser Beitrag wird Fehler enthalten, weil ich ihn nicht korrekturllesen kann. Dennoch poste ich ihn, das sorgt für etwas Authentizität.

Angefangen hat es vor sechs Wochen, dass mein Sichtfeld etwas eingeschränkt wurded: Ihr kennt diese Schwebeteilchen, die mouches volantes, die fast immer und überall zu sehen sind und nur selten irritieren. Die Zahl dieser Teilchen hat sich bei mir allerdings erhöht unbd es sind schwarze Partikel dazugekommen, die das Blickfeld stören.

Der Autist geht natürlich nicht sofort zum Augenarzt, denn soo schlimm ist es ja im Moment nicht, und der nächste Termin bei'm Gastroenterologen und ?Psychiater ist wichtiger. Seit zwei Wochen wird mein Sichtfeld allerdings immer weiter beeinflusst, mehr Partikel, unscharfes Sehen, Lichtblitze, und ausgerechnet dann sehe ich im TV einen Bericht zu Netzhautablösungen - die dort erwähnten Symptome stimmen mit meinen überein, und es wird erwähnt, dass das ein Notfall ist und man so schnell wie möglich zu einem Augenarzt gehen sollte, um das zu klären.

Flashforward heute, der Erreichbarkeit wegen bin ich in die Praxis an der Gablenzbrücke gegangen. Drei Stunden, aber nicht reine Wartezeit. Messung der Sehstärke, des Innendrucks, ich höre Zahlen und Namen, die mir nichts sagen, mehrfach bekomme ich Tropfen, die die Pupillen erweitern sollen. An einer Stelle klinkt sich mein Gehirn direkt wieder ein: - Iritis, eine Entzü+ndung der Regenbogenhaut, aber das ist nur der Anfang an Fachbegriffen, die fallen. 

Im Laufe der Stunden kristallisiert sich heraus, dass es sich um unter anderem um einen entzündlichen Prozess handelt. Plan sind diversen Augentropfen und -salbe, morgen geht es als Notfall in die Augenklinik des UKSH, um eine zweite Meinung einzuholen. Als Notfall, damit die Leute dort wissen, dass hier tatsächlich etwas untersucht werden muss.

Es geht mir psychisch deutlich besser, weil Einiges an Wissen hinzugekommen ist. Jetzt hoffen wir erstmal, dass die medikamentöse Therapie anschlägt, damit ich mit wieder verbessertem Sehvermögen die Formulare für das Bürdergeld und meinen Arbeitsvertrag ausfüllen kann.

Ich halte Euch auf dem Laufenden!