Dienstag, 24. Dezember 2024

Dr Hilarius und der Silberstreif


So, nun wird es Zeit, weiterzuschreiben. Dieser Blog ist weder tot noch in Vergessenheit geraten, aber der Blogger geht gerade durch eine schwierige Phase. Zu viele Ärzte, zu viele Symptome, die mich beeinträchtigen, zuviel Papierkram, der in der Wohnung herumliegt, zu oft der Gedanke, einfach mal alles niederbrennen und neu anfangen zu wollen.

Und man soll sich ja nach außen bloß nichts anmerken lassen, so haben wir es mit fünf dicken Ausrufungszeichen im Referendariat gelernt. Und als ich mich dann daran gehalten habe, sagte meine Schulleiterin in's Gesicht, ich sei unglaubwürdig und man könne mich ja nicht ernstnehmen. Immerhin ist es gut zu wissen, dass Frau K nicht mehr Schulleiterin jener Schule ist, und damals konnte ich mir eine gewissen Genugtuung nicht verkneifen, als die SchülerInnenzahlen unter ihrer Führung um fast die Hälfte zurückgegangen sind. Das war noch am Anfang des Buddhismus; heute tut mir die Frau einfach nur noch leid, so sie noch lebt.

Ich lebe noch und habe jetzt für Anfang Januar einen wichtigen Untersuchungstermin bekommen. Fast schon ein Hauch von Tonglen, dem "Nehmen und Geben": Man hat mir den Termin gegeben, Tabletten zur Beruhigung, das Gefühl, keine Belastung zu sein, und man hat mir genommen - nämlich die Angst vor der Untersuchung, die Angst vor der Klinik, das Gefühl, allein mit den Problemen da zu sitzen. Denn was können meine Eltern schon machen? Es zerreißt meiner Mutter das Herz, dass sie sehen  - bzw. hören und lesen - muss, wie ich hier hin vegetiere mit gut noch siebzig Kilogramm Körpergewicht auf zwei Meter Körpergröße, Schwächeanfällen, die drei Etagen nach oben schaffe ich nur noch mit einer kurzen Sitzpause.

Sie muss das alles miterleben, aus der Ferne der Westküste, aber selbst wenn sie in Kiel wohnte - sie ist keine Ärztin. Sie kann keine Siagnose erstellen, sie kann keine Medikamente verschreiben. Ihre Erährungstipps decken sich nicht mit dem, was man bei einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung zu sich nehmen soll. Sie kann nichts tun, auch wenn sie noch so gern würde, und das muss für eine Mutter die Hölle sein.

Und Weihnachten? Mit viel Fingerspitzengefühl fragt Mama nach, ob ich denn nach den Feiertagen rüberkommen möchte, da sind meine beiden Brüder da, einer inklusive Familie, das wäre doch eigentlich ein schöner Anlass. Anlass wozu? Über meine Krankheiten zu reden? Über die drohende Arbeitslosigkeit und die nächste Runde abgelehntes Bürgergeld? Muss nicht sein. Ein Glas Wasser nach dem anderen zu trinken, während die Anderen das Essen genießen, das meine Ma liebevoll gekocht hat - von dem ich aber nicht weiß, ob ich es vertrage. Also haben wir auch hier eine andere Abmachung getroffen; wir warten, bis ich endlich meine Diagnose habe. Dann finden wir heraus, welches Essen ich mit relativ wenigen Problemen essen kann, und dann holen wir das Ganze einfach später nach.

Und so ist heute also der vierundzwanzigste Dezember, und für mich ist der Tag wie jeder Andere. Okay, zugegegeben, ich gönne mir hier und da etwas mehr, aber ansonsten vergeht die Zeit wie sonst auch. Es ist sogar noch eine Maschine Wäsche unterwegs, und wer weiß, wie sich Nachmittag und Abend entwickeln, vielleicht kommt die große Buba noch auf eine Stippvisite herein.

Sie wird jedenfalls in etwa zwei Wochen eine sehr wichtige Rolle spielen, aber das ist Stoff für einen anderen Beitrag, der mir sehr viel bedeutet.

Habt ein schönes Weihnachtsfest, so Ihr es denn feiert, oder habt einfach einen schönen Tag mit den Dingen und Menschen, die Euch wohlfühlen lassen.

Samstag, 16. November 2024

Durch - und verlängert!


Eine weitere Woche, an deren Ende ich auch am Ende bin. Ich könnte auf die Entzündungen im Mund- und Rachenraum verzichten, meine Zunge kribbelt und schmerzt, wenn ich Nahrung mit festerer Textur zu mir nehme, ich kann die Aromen nicht mehr normal schmecken, und das Warten auf die Remissionsphase nervt. Dazu kommen dann spontan zwischendurch irgendwelche Gelenkentzündungen, die schnell kommen und relativ schnell gehen können, aber doch dafür sorgen können, dass ich ein paar Stunden nicht laufen kann. Alles interessantes Neuland für mich, aber nun ist mal gut.

Dazu kommt der herausfordernde Job in der Schule - ich gehe in die Klasse, ein Drittel der Kiddies fehlt, jemand kommt angelaufen und sagt mir "Klaus ist abgehauen", und ich muss erstmal realisieren, warum überhaupt so wenige da sind; dazu kommt von links "Bekommen wir unsere Arbeit zurück?" und von rechts "Sollen die Klassenleiter losgehen, um Klaus zu holen?" und von vorne links "Ich habe Bauchschmerzen, darf ich nach Hause gehen?" und von vorne rechts "Haben sie ihre Haare jetzt rot gefärbt?" - alles gleichzeitig. Ernsthaft - ist so passiert. Der Autist (ich) steuert in einem Mordstempo auf den Meltdown zu, und dann kommt zum Glück meine Zweitsteckung und wir versuchen, das Chaos zu zweit in den Griff zu bekommen.

Solche Situationen sind an Perspektivschulen nicht selten, und es erfordert einem viel Kraft ab, ruhig zu bleiben und alles zu regeln. Ich sehe das im Unterricht anderer KollegInnen, die schon länger hier arbeiten, und beneide sie unglaublich - und versuche mir aus ihrem Unterrichtsverhalten Tipps für mich herauszuholen.

Denn so chaotisch und auslaugend das klingen mag - und auch definitiv ist, zumindest für mich - so sehr ist das genau die Arbeit, die ich leisten möchte. Ich möchte diese Kinder und Jugendlichen unterstützen, die oftmals keine Kindheit und Jugend genießen konnten, weil sie zum Beispiel auf der Flucht waren. Aus ihren Häusern gebombt in einem Alter, in dem sie das alles noch gar nicht verstehen konnten. Denen zuhause die Bezugspersonen fehlen, zum Beispiel weil auf der Flucht umgekommen oder in der Heimat verblieben, hoffend auf bessere Zeiten. Der übrige Elternteil - möglicherweise überfordert mit den vielen Kindern, das sind zerrüttete Verhältnisse, die ich mir nichtmal ansatzweise vorstellen kann. Deswegen verurteile ich nie diese Kiddies, wenn sie mal wieder Mist gebaut haben. Ich versuche ihnen so viel Mitgefühl und liebende Güte (Buddhismus) zukommen zu lassen, wie ich kann. Dabei ist mir manchmal der Autismus im Weg, und ich bin so sehr auf die Unterstützung der KollegInnen angewiesen...

...aber es funktioniert so langsam! Der Job belastet mich nicht nur, er ist in den meditativen Nachgängen so ungemein bereichernd, erweitert meinen Horizont für das, was andere Menschen auf dieser Welt durchmachen. Ich möchte unbedingt weiterarbeiten, auch wenn ich aufgrund meiner Fächerkombination möglicherweise nie eine Planstelle an dieser Schule bekommen werde.

Und immerhin in dieser Hinsicht sieht es positiv aus: Mein Verlängerungsvertrag ist angekommen und jetzt unterschrieben! Ich kann in vollem Umfang bis Ende des Halbjahres weiterarbeiten. Was dann kommt, sehen wir dann. 

Jetzt ist endlich eine Blockade im Gehirn gelöst und ich kann mich auf die Suche nach einer gastroenterologischen Diagnose machen. Montag geht es los.

Daumen drücken!

post scriptum: Und Euch wünsche ich wie immer, dass Ihr Eure Arbeit ebenso bereichernd erleben könnt wie ich, und dass Ihr sie durchhaltet. Dass Ihr an diesem Wochenende etwas Energie tanken könnt. Ich denke, ich werde heute mal wieder eine "Tonglen"-Meditation praktizieren, Euren Stress in mich aufnehmen und etwas Entspannung "ausatmen" - Ihr wisst ja vielleicht aus dem damaligen Blogeintrag, wie das gemeint ist.

Freitag, 8. November 2024

Langsam reicht's.


vorweg: Liebe Eltern, wir klären morgen alles bei Skype!

an alle Anderen: Es geht hier um meine Gesundheit. Wer das nicht lesen möchte, soll das einfach nicht machen.

Der letzte Gang auf die Waage und der aktuelle Entzündungsschub sind die Tropfen, die das Fass zum Überlaufen bringen. Ich brauche dringend eine vernünftige CED-Diagnose, damit ich endlich die richtigen Medikamente gegen die Entzündungen bekommen kann. In einer Schubphase können sie den Körper fies beeinträchtigen oder so wie heute fast ausschalten. Die ersten Tage der Woche waren nur Mund und Rachen entzündet, das ist zwar unangenehm, weil ich nichts Festes essen kann, aber heute ist das komplette rechte Bein dran: Ich kann nicht auftreten, ich muss das Kniegelenk still halten, ich kann nicht gehen.

Und das kann so nicht mehr weitergehen, also suche ich mir Hilfe in der nächsten Woche, um endlich an einen Termin bei'm Gastroenterologen zu kommen. Nein, den habe ich noch nicht. Ja, ich weiß, wie sehr man sich als Autist dabei im Weg stehen kann. Die Sannitanic weiß das auch, mit Blick auf die Diagnose der Behinderung.

Bleibt für heute erstmal nur Sitzen/Liegen und irgendwas zu essen finden, damit ich nicht noch klappriger werde. Am Anfang des Studiums war es irgendwie "cool", so dünn zu sein. Jetzt sticht bei mir hinten die Wirbelsäule und vorne der Brustkorb heraus - Haut und Knochen, wie man so sagt - und das ist nicht mehr cool, sondern ein Warnsignal.

Dann sehe ich einen TV-Bericht über CEDs, sehe so viele Parallelen zu mir und erfahre dann, dass eine Patientin es geschafft hat, mittels der Medikamente ihre Remissionsphase auf fast ein Jahr auszudehnen - das war wie ein rotes Signal "Warum hast du noch nichts gemacht? Es könnte so viel einfacher sein!"

Right. Das geht los. Erstmal wieder gehen können.

Dienstag, 5. November 2024

Das Ende einer Wahl


Ich kann es einfach nicht verstehen. Heute endet die Wahl zum Präsidenten der USA - und die Umfragen sind extrem nah beieinander, und das erschreckt mich angesichts der Wahl zwischen der ersten Frau für das Amt, die anpacken möchte, und einem Soziopathen, der Nazirhetorik verwendet und das Land gegen alles abriegeln will. Dass seine "Reden" oftmals zusammenhanglos sind, scheint niemanden im Publikum zu stören - Hauptsache, er ist rechts genug.

Ich frage mich, ob solche Zustände auch bei uns in Deutschland möglich wären, und natürlich sind sie das. Man muss nur schauen, wie sehr die extrem rechten und linken Parteien an Stimmen gewonnen haben, und wenn man dann sieht, dass es gemeinsame Schnittmengen zwischen der AfD und dem BSW gibt, bekomme ich einen Bammel vor unserer nächsten Wahl im nächsten Jahr.

Jetzt hoffe ich erstmal nicht nur, dass Kamala Harris die erste Asian-American Präsidentin der USA wird. Ich hoffe, dass die Wahl ohne Unruhen, Proteste und Gewalt ausgeht. Trump hat die Samen dafür früh gesät, indem er immer wieder behauptet hat, dass die Wahl nur dann fair ist, wenn er gewinnt. Ansonsten ist es Wahlbetrug, und es könnte zu einem Protest wie dem Kapitolsturm kommen. Hoffen wir einfach mal, dass niemand stirbt. 

Ein Präsident Trump würde ein globales Desaster bedeuten...

Freitag, 25. Oktober 2024

Widerspruch - mal wieder


Ich habe nicht viel Glück mit behördlichen Angelegenheiten. Mein Antrag auf Schwerbehinderung war abgelehnt worden, ebenso der Widerspruch mit zwei psychiatrischen Gutachten - und nun ist auch mein Bürgergeldantrag abgelehnt worden, denn es bestünde für mich kein Bedarf. Der Grund: Meine Eltern haben mir im August ein Darlehen gegeben, damit ich die Miete, Stadtwerke etc. bezahlen kann. 

Das Jobcenter hat das als reguläres Einkommen gewertet und abgelehnt. Ich hätte wohl erst dann Anspruch, wenn sich die Mahnungen zuhause stapeln, und wenn ich mir nicht mal mehr Suppengemüse leisten kann.

Und wie nervig: Das bedeutet, dass ich im August nicht krankenversichert war; ganz toll mit den vielen Besuchen bei'm Augenarzt und den Medikamenten. Also muss ich auch hier mal wieder Widerspruch einlegen, das kann ich gerade wunderbar gebrauchen - ein weiterer Kontakt mit dem Bürokratiergehege. Mal schauen, wie lange es diesmal dauert, bis ich eine Antwort bekomme...

Freitag, 18. Oktober 2024

Viele gute Nachrichten


Wir sind in den Ferien angekommen. Ist das nicht toll? Erst recht nach dem letzten Beitrag, der klargemacht hat, dass ich komplett durch bin - ferienreif. Total voll mit Eindrücken und total kaputt. Dass die Stunden heute in der fünften Klasse richtig Spaß gemacht haben, rundet den Übergang in die Ferien wunderbar ab.

Dabei war das alles gar nicht so sicher: Am Mittwoch hätte ich eigentlich bei'm Psychiater sein sollen, aber weil mal wieder alles spontan anders gekommen ist als geplant, ist mein Tag zusammengebrochen und ich fast auch. Ich hätte nämlich vom Arzt mein neues Rezept für die Medikamente bekommen sollen, und ich war darauf angewiesen, denn der Donnerstag sollte ein langer Tag mit sehr vielen Menschen und zahllosen Eindrücken werden - da kann es helfen, eine halbe Tablette zu nehmen, damit ich nicht irgendwann komplett dichtmache.

Und weil das also nicht geklappt hat, ist genau das Gegenteil eingetreten, eine ordentliche Panikattacke. Wie soll ich an das Rezept kommen? Wie soll ich den Donnerstag gut überstehen?? Ich war unglaublich erleichtert, nachdem per Mailwechsel sich ein Weg finden ließ, die Medis noch am Abend zu bekommen. Ich war so unglaublich erleichtert, und damit war der Donnerstag kein großes Problem mehr.

Und die nächste gute Nachricht: So wie es aussieht, kann mein Vertrag nach den Ferien bis zum Ende des Halbjahres verlängert werden. Vielleicht mit weniger Stunden - das werden wir sehen. Aber ich bin unglaublich glücklich, denn ich habe mich in diese Schule verliebt und so langsam gewöhnen die Kids sich endlich an diesen komischen Lehrer. Schon wieder ein Lehrerwechsel wäre für sie die absolute Hölle. Also bitte Daumen drücken, dass die Verlängerung so durchgzogen werden kann, wie geplant; ich freue mich über jede weitere Woche an unserer Schule.

Und die (vorerst) letzte gute Nachricht: Die große Buba kommt! Pünktlich zu den Ferien reist sie nach Kiel, und wir haben uns lange nicht gesehen - ich hätte es zwischendurch nervlich nicht geschafft, die neue Schule war zuviel für mich. Es wird wieder Zeit zum Reden, Spielen und Pomsen (jeder möge sich selbst denken, was damit gemeint ist).

Kommt gut in die Ferien, Ihr Lieben!

Freitag, 11. Oktober 2024

Ferienreif!


Leute, ich bin sowas von reif für die Ferien! Und das war alles so absehbar, es ist genau gekommen, wie befürchtet: Mitten in der Diagnosephase (Crohn?) nach über einem Jahr Arbeitslosigkeit an eine neue Schule zu kommen, das bringt den Autisten vollkommen aus seiner Taktung. Wieder neue KollegInnen, die mir sagen möchten, wie ich meinen Unterricht zu machen habe - ja, diesmal mit "Du musst..."-Anweisungen und nicht "Ich würde..."-Vorschlägen - wieder ein Haufen neuer SchülerInnen, die sich erstmal an das Prinzip Dr Hilarius gewöhnen müssen und anfangs am Rad drehen, das alles mit dem Verstärkungsfaktor Perspektivschule

Zweitsteckung zu sein gibt einem viele interessante Einblicke in den Unterricht der anderen Lehrkräfte. Und dann merkt man natürlich auch, wenn jemand nicht so unterrichtet, wie es eigentlich nach dem Schulkonzept gedacht ist, und das kann ich dann in meinem Kopf wieder nicht vereinbaren. Wir unterrichten nach der Neuen Autorität, was ich zu einem großen Teil nachvollziehen kann, da ich aus der Humanistischen Pädagogik komme.

Dann aber tönt es von mehreren Seiten: Du musst strenger sein, du musst die gleich einnorden, sonst tanzen die dir irgendwann auf der Nase rum, da musst du mit Strafen arbeiten, Unterrichtsklima Furcht, das kann es doch nicht sein. Und ich kann noch nicht einmal garantieren, dass das Hilarius-Prinzip diesmal aufgeht, denn mein Vertrag läuft nur bis zum elften Dezember, ich kann mich also womöglich nicht einmal richtig etablieren. Keine Zeit, meine Art des Unterrichts vielleicht wertzuschätzen lernen.

Das alles, kombiniert mit der Gesundheit, sorgt dafür, dass ich die ersten Ferientage geistig tot sein werde. Es ist alles viel zu viel, volle Stelle kombiniert mit mehreren Ärzten, daran muss ich mich erst gewöhnen.

Ich weiß, ich bin an unserer Schule nicht die einzige Lehrkraft, die reif für die Ferien ist. Wie sieht es bei Euch aus?