Ein echtes Schlachtschiff: Katie Porter |
Als Teenager hätte ich im Leben nicht gedacht, dass mir Politik einmal soviel Spaß machen würde. Und heute sitze ich da und verfolge MSNBC und C-Span und feiere meine eigene kleine Party. Aber von Anfang an.
Es gibt ein paar amerikanische Politiker, die mir sehr sympathisch sind und denen ich gern zuhöre, zum Beispiel die SenatorInnen Elizabeth Warren, Bernie Sanders und Alexandria Ocasio-Cortez ("AOC"). Ich mag ihren bissigen Stil, und wie sie es schaffen, in den Anhörungen den Finger immer direkt in die Wunde zu legen und keine deutliche Sprache scheuen, wenn sie die Tricks und Betrügereien von Politikern und Geschäftsführern (CEOs) auf's Tapet bringen (maskulinum, weil es - leider - zum allergrößten Teil Männer sind, die Mist machen).
Nun gibt es seit ein paar Jahren eine freshman congresswoman, eine neugewählte Kongressfrau, die ordentlich auf den Putz haut. Ich dachte bei Katie Porter erstmal nichts Besonderes, schien eine unauffällige Dame zu sein, aber wenn sie in den Anhörungen den Mund aufmacht, dann werden die Angehörten schnell ganz klein: Sie ist immer extrem gut vorbereitet, sie befolgt eine goldene Regel ("Stelle niemals eine Frage, auf die du die Antwort nicht weißt") und sie macht sehr schnell klar, wer hier das Sagen hat.
Und das ist im Kongress ganz genau festgelegt: Jeder Abgeordnete hat das Recht auf fünf Minuten Rede und Fragen an den Angehörten. Weil das auf die Sekunde genau abgemessen wird, ist es their time, ihre Zeit; das bedeutet, dass Katie Porter und jeder andere Abgeordnete mit diesen fünf Minuten machen darf, was sie will.
Nun wissen wir, dass einige Politiker und CEOs pikanten Fragen gern ausweichen, sei es mit Platitüden oder ausweichend-aufgeblasenen Antworten a la "Vielen Dank, Kongressfrau, für diese Frage, und zuerst einmal muss ich ihnen mein Kompliment aussprechen, wie sorgfältig sie diese Sitzung vorbereitet haben blablablablablabla..." - das Ziel ist es eindeutig, die fünf Minuten Redezeit möglichst selbst zu füllen, damit so wenig bohrende Fragen wie möglich kommen.
Es gibt allerdings eine Redeformel, die das verhindern soll: Reclaiming my time. Übersetzt in etwa "Ich fordere meine Zeit zurück!" oder "Seien sie still, sie weichen aus, sie reden Unsinn, sie stehlen mir meine Zeit." Als "anständiger" Angehörter stoppt man dann sofort seine Antwort. Manche sind allerdings so dreist, dass sie ununterbrochen weiterreden, und dann sogar der Kongressperson Unverschämtheit vorwerfen dafür, dass sie nicht ausreden dürfen. Sie sind damit im Unrecht.
Ich finde es so herrlich, wie sinnvoll, wie stringent und gnadenlos Katie Porter davon Gebrauch macht und man dann das dümmliche Gesicht des Angehörten sieht. Wer das einmal erleben möchte, für den gibt es zwei kurze Videos - einmal Maxine Waters im Gespräch mit dem damaligen Finanzminister Steven Mnuchin (unter Trump), der sie dann anpampen möchte, aber direkt zurechtgewiesen wird (00:40-04:00 [ein besonderer Genuss ist ihr gebetsmühlenartig wiederholtes "reclaiming my time" inklusive Blick bei 02:30] - she kills me EVERY time!):
Und einmal eben jene Politiker grillende und Geschäftsführer durch die Mangel drehende Katie Porter, die ich mittlerweile auf Youtube abonniert habe, weil sie mich auch weiterhin an gute PolitikerInnen glauben lässt (auch die Kommentare darunter lohnen sich):
Und mir macht es wirklich Spaß, das zu beobachten. Hätte ich niemals gedacht, aber das ist genau meine Art von Humor, wenn diesen Labersäcken endlich mal das Maul gestopft wird. Hätte ich selbst gern so manches Mal in meiner Zeit im Kieler Studierendenparlament gesagt. Und falls Ihr mich nun zutexten wollt:
Reclaiming my time. Hier gibt's jetzt Videospiele.
post scriptum: Ja, ich bin mir bewusst, dass niemand sonst das witzig findet. Aber wisset Ihr, dass ich hier gerade mit Magenkrämpfen bei einem Lachanfall fast gestorben wäre. Die große Buba kennt das, das ist schon kein Lachen mehr, sondern ein Pfeifen aus den letzten Löchern. Äi käi äi es geht mir heute gut.
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