Mittwoch, 9. März 2022

Auf die Knie!


Im Referendariat gab es viel zu lernen zum Thema "Wo sollte sich die Lehrkraft während des Unterrichts im Raum aufhalten?" - glaube ich zumindest. Ich kann mich an kaum noch etwas aus dem Ref erinnern, ich habe da nicht wirklich viel gelernt (infolgedessen mir die Schulleitung dann Arroganz und Überheblichkeit unterstellt hat). Was ich noch weiß: Wenn man während einer Erarbeitungsphase durch die Klasse geht und auf die Aufgaben der Schüler schauen möchte, dann sollte man immer von vorne kommen, nicht hinten im Rücken der Schüler herumschleichen. Finde ich nachvollziehbar - deswegen habe ich es vielleicht auch im Kopf behalten.

Es gibt da auch noch eine andere Sache, die ich eher zufällig gelernt habe. In der aktuellen Schüler-Feedbackrunde hat eine Schülerin das allerdings expliziert als positiven Faktor genannt: Wenn sich ein Schüler bei der Erarbeitung meldet und ich - von vorne - an seinen Platz gehe, gehe ich instinktiv direkt in die Hocke. Das war für mich immer logisch: Ich bin zwei Meter groß, ich möchte nicht auf einen Schüler herabsprechen, der Hilfe braucht. Ich möchte mit ihm auf Augenhöhe reden. Das klingt nach einer Kleinigkeit, aber es scheint den Schülern zu helfen, dass sie sich mit ihren Problemen bei den Aufgaben ernstgenommen fühlen. Extrem zuträglich für das Lehrer-Schüler-Verhältnis (und diesmal erwähne ich Hattie nicht).

Mir ist die Bedeutung dessen in meiner ersten Latein-Lehrprobe bewusst geworden. Ach sorry, ich meine natürlich Unterrichtsbesuch. Von Herrn Kruse, Studienleiter in Latein, mittlerweile Schulleiter in Niebüll. Herr Kruse fand diese Lehrprobe nämlich total toll - was ich überhaupt nicht nachvollziehen konnte. Ich hatte bei der Besprechung fast angefangen zu heulen; ich hatte die Stunde so schön durchgeplant, sah auf dem Raster richtig rund aus, aber klassischer Anfängerfehler: Viel zu viel geplant. Am Ende der Stunde hatte ich gerade ein Viertel dessen geschafft, was geplant war. Die Stunde war ein Reinfall, aus meiner Perspektive.

Herr Kruse hat mir dann aber erklärt, warum ich kaum etwas geschafft habe: Weil ich bei jeder hilfesuchenden Meldung an den Platz des Schülers gehe, und dort auf die Knie runter. Das kostet etwas Zeit. Herr Kruse hat mir klargemacht, worauf es im Unterricht ankommt, und das ist nicht in erster Linie die Beendigung des Stundenrasters.

Das ist mir lebhaft in Erinnerung geblieben, und deswegen falle ich auch heute noch vor meinen Schülern auf die Knie. 

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