Mittwoch, 9. Februar 2022

Die Crux des Aspi-Bloggers


Ich muss umdenken. Es ist schade, dass mein Blog den Schulleitungen mehr Stress als nötig bringt, das war bisher an allen Schulen so. Da melden sich zum Beispiel besorgte Eltern, die nachfragen, ob Dr Hilarius vielleicht ein Neonazi sei, weil er einen Artikel über Leni Riefenstahl geschrieben hat. Natürlich wurde der Text nicht gelesen, sonst hätte es überhaupt keinen Grund zur Sorge gegeben. Es reicht, wenn Menschen sehen, aha, dieser Lehrer postet ein Bild von einem Nazi. Ob er womöglich selbst Nazi ist?

Ich kann nichts für die Dummheit der Menschen, und es tut mir unendlich leid, dass die Schulen immer wieder mehr Arbeit als nötig haben, die Eltern zu beruhigen.

Allerdings ist es nicht immer nur Dummheit, die die Menschen zu Vorverurteilungen führt. Es ist auch ein Klassiker dabei, das ganz normale Missverständnis. Missverständnisse sind einer der Hauptgründe, warum ich in meiner Freizeit nur wenig mit anderen Menschen mache. Keine soziale Interaktion bedeutet kein Missverständnispotential. Sehr entspannend, gerade wenn man sich Jahrzehnte lang einreden lässt, dass man selbst Schuld daran hat.

Die Missverständnisse resultieren sehr oft daraus, dass ich die Dinge so sage und schreibe, wie ich sie meine. Da ist kein Subtext dabei; you can take my words at face value, sagt man im Englischen. Das ist typisch Aspi: Die Dinge wörtlich meinen und auch wörtlich verstehen. Bei meinen Blogeinträgen ist nichts zwischen den Zeilen zu lesen - zumindest nichts beabsichtigt. Viele Menschen haben aber die Neigung, überall Dinge hineinzuinterpretieren, und das ist für einen Lehrer-Blogger ein Problem: Die potentiellen Leser kennen mich nicht, wissen nicht, dass ich die Dinge genau so meine, wie ich sie schreibe. Und oftmals wollen die Eltern etwas finden, was mit mir nicht stimmt - das ist leider Realität. Also interpretiert man etwas in die Beiträge hinein und wendet sich mit seinen Sorgen an die Schulleitung.

Und trotzdem möchte ich unbedingt am Blog festhalten, weil das eine der grundlegenden Hilfen für mich gewesen ist, seitdem mein Leben bergab gerutscht ist. Ich sollte in Zukunft besser keine Geschichten aus der Toni erzählen, egal, ob das frei verfügbares Wissen ist. Ich finde das sehr schade, weil ich gern über Unterrichtssituationen und Pädagogik schreibe. Ich werde versuchen, das in Zukunft allgemein, ohne Bezug zu realen Situationen zu schreiben. Kann sein, dass ich das nicht schaffe.

Time will tell.

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