Eine weitere Woche, an deren Ende ich auch am Ende bin. Ich könnte auf die Entzündungen im Mund- und Rachenraum verzichten, meine Zunge kribbelt und schmerzt, wenn ich Nahrung mit festerer Textur zu mir nehme, ich kann die Aromen nicht mehr normal schmecken, und das Warten auf die Remissionsphase nervt. Dazu kommen dann spontan zwischendurch irgendwelche Gelenkentzündungen, die schnell kommen und relativ schnell gehen können, aber doch dafür sorgen können, dass ich ein paar Stunden nicht laufen kann. Alles interessantes Neuland für mich, aber nun ist mal gut.
Dazu kommt der herausfordernde Job in der Schule - ich gehe in die Klasse, ein Drittel der Kiddies fehlt, jemand kommt angelaufen und sagt mir "Klaus ist abgehauen", und ich muss erstmal realisieren, warum überhaupt so wenige da sind; dazu kommt von links "Bekommen wir unsere Arbeit zurück?" und von rechts "Sollen die Klassenleiter losgehen, um Klaus zu holen?" und von vorne links "Ich habe Bauchschmerzen, darf ich nach Hause gehen?" und von vorne rechts "Haben sie ihre Haare jetzt rot gefärbt?" - alles gleichzeitig. Ernsthaft - ist so passiert. Der Autist (ich) steuert in einem Mordstempo auf den Meltdown zu, und dann kommt zum Glück meine Zweitsteckung und wir versuchen, das Chaos zu zweit in den Griff zu bekommen.
Solche Situationen sind an Perspektivschulen nicht selten, und es erfordert einem viel Kraft ab, ruhig zu bleiben und alles zu regeln. Ich sehe das im Unterricht anderer KollegInnen, die schon länger hier arbeiten, und beneide sie unglaublich - und versuche mir aus ihrem Unterrichtsverhalten Tipps für mich herauszuholen.
Denn so chaotisch und auslaugend das klingen mag - und auch definitiv ist, zumindest für mich - so sehr ist das genau die Arbeit, die ich leisten möchte. Ich möchte diese Kinder und Jugendlichen unterstützen, die oftmals keine Kindheit und Jugend genießen konnten, weil sie zum Beispiel auf der Flucht waren. Aus ihren Häusern gebombt in einem Alter, in dem sie das alles noch gar nicht verstehen konnten. Denen zuhause die Bezugspersonen fehlen, zum Beispiel weil auf der Flucht umgekommen oder in der Heimat verblieben, hoffend auf bessere Zeiten. Der übrige Elternteil - möglicherweise überfordert mit den vielen Kindern, das sind zerrüttete Verhältnisse, die ich mir nichtmal ansatzweise vorstellen kann. Deswegen verurteile ich nie diese Kiddies, wenn sie mal wieder Mist gebaut haben. Ich versuche ihnen so viel Mitgefühl und liebende Güte (Buddhismus) zukommen zu lassen, wie ich kann. Dabei ist mir manchmal der Autismus im Weg, und ich bin so sehr auf die Unterstützung der KollegInnen angewiesen...
...aber es funktioniert so langsam! Der Job belastet mich nicht nur, er ist in den meditativen Nachgängen so ungemein bereichernd, erweitert meinen Horizont für das, was andere Menschen auf dieser Welt durchmachen. Ich möchte unbedingt weiterarbeiten, auch wenn ich aufgrund meiner Fächerkombination möglicherweise nie eine Planstelle an dieser Schule bekommen werde.
Und immerhin in dieser Hinsicht sieht es positiv aus: Mein Verlängerungsvertrag ist angekommen und jetzt unterschrieben! Ich kann in vollem Umfang bis Ende des Halbjahres weiterarbeiten. Was dann kommt, sehen wir dann.
Jetzt ist endlich eine Blockade im Gehirn gelöst und ich kann mich auf die Suche nach einer gastroenterologischen Diagnose machen. Montag geht es los.
Daumen drücken!
post scriptum: Und Euch wünsche ich wie immer, dass Ihr Eure Arbeit ebenso bereichernd erleben könnt wie ich, und dass Ihr sie durchhaltet. Dass Ihr an diesem Wochenende etwas Energie tanken könnt. Ich denke, ich werde heute mal wieder eine "Tonglen"-Meditation praktizieren, Euren Stress in mich aufnehmen und etwas Entspannung "ausatmen" - Ihr wisst ja vielleicht aus dem damaligen Blogeintrag, wie das gemeint ist.