Samstag, 16. November 2024

Durch - und verlängert!


Eine weitere Woche, an deren Ende ich auch am Ende bin. Ich könnte auf die Entzündungen im Mund- und Rachenraum verzichten, meine Zunge kribbelt und schmerzt, wenn ich Nahrung mit festerer Textur zu mir nehme, ich kann die Aromen nicht mehr normal schmecken, und das Warten auf die Remissionsphase nervt. Dazu kommen dann spontan zwischendurch irgendwelche Gelenkentzündungen, die schnell kommen und relativ schnell gehen können, aber doch dafür sorgen können, dass ich ein paar Stunden nicht laufen kann. Alles interessantes Neuland für mich, aber nun ist mal gut.

Dazu kommt der herausfordernde Job in der Schule - ich gehe in die Klasse, ein Drittel der Kiddies fehlt, jemand kommt angelaufen und sagt mir "Klaus ist abgehauen", und ich muss erstmal realisieren, warum überhaupt so wenige da sind; dazu kommt von links "Bekommen wir unsere Arbeit zurück?" und von rechts "Sollen die Klassenleiter losgehen, um Klaus zu holen?" und von vorne links "Ich habe Bauchschmerzen, darf ich nach Hause gehen?" und von vorne rechts "Haben sie ihre Haare jetzt rot gefärbt?" - alles gleichzeitig. Ernsthaft - ist so passiert. Der Autist (ich) steuert in einem Mordstempo auf den Meltdown zu, und dann kommt zum Glück meine Zweitsteckung und wir versuchen, das Chaos zu zweit in den Griff zu bekommen.

Solche Situationen sind an Perspektivschulen nicht selten, und es erfordert einem viel Kraft ab, ruhig zu bleiben und alles zu regeln. Ich sehe das im Unterricht anderer KollegInnen, die schon länger hier arbeiten, und beneide sie unglaublich - und versuche mir aus ihrem Unterrichtsverhalten Tipps für mich herauszuholen.

Denn so chaotisch und auslaugend das klingen mag - und auch definitiv ist, zumindest für mich - so sehr ist das genau die Arbeit, die ich leisten möchte. Ich möchte diese Kinder und Jugendlichen unterstützen, die oftmals keine Kindheit und Jugend genießen konnten, weil sie zum Beispiel auf der Flucht waren. Aus ihren Häusern gebombt in einem Alter, in dem sie das alles noch gar nicht verstehen konnten. Denen zuhause die Bezugspersonen fehlen, zum Beispiel weil auf der Flucht umgekommen oder in der Heimat verblieben, hoffend auf bessere Zeiten. Der übrige Elternteil - möglicherweise überfordert mit den vielen Kindern, das sind zerrüttete Verhältnisse, die ich mir nichtmal ansatzweise vorstellen kann. Deswegen verurteile ich nie diese Kiddies, wenn sie mal wieder Mist gebaut haben. Ich versuche ihnen so viel Mitgefühl und liebende Güte (Buddhismus) zukommen zu lassen, wie ich kann. Dabei ist mir manchmal der Autismus im Weg, und ich bin so sehr auf die Unterstützung der KollegInnen angewiesen...

...aber es funktioniert so langsam! Der Job belastet mich nicht nur, er ist in den meditativen Nachgängen so ungemein bereichernd, erweitert meinen Horizont für das, was andere Menschen auf dieser Welt durchmachen. Ich möchte unbedingt weiterarbeiten, auch wenn ich aufgrund meiner Fächerkombination möglicherweise nie eine Planstelle an dieser Schule bekommen werde.

Und immerhin in dieser Hinsicht sieht es positiv aus: Mein Verlängerungsvertrag ist angekommen und jetzt unterschrieben! Ich kann in vollem Umfang bis Ende des Halbjahres weiterarbeiten. Was dann kommt, sehen wir dann. 

Jetzt ist endlich eine Blockade im Gehirn gelöst und ich kann mich auf die Suche nach einer gastroenterologischen Diagnose machen. Montag geht es los.

Daumen drücken!

post scriptum: Und Euch wünsche ich wie immer, dass Ihr Eure Arbeit ebenso bereichernd erleben könnt wie ich, und dass Ihr sie durchhaltet. Dass Ihr an diesem Wochenende etwas Energie tanken könnt. Ich denke, ich werde heute mal wieder eine "Tonglen"-Meditation praktizieren, Euren Stress in mich aufnehmen und etwas Entspannung "ausatmen" - Ihr wisst ja vielleicht aus dem damaligen Blogeintrag, wie das gemeint ist.

Freitag, 8. November 2024

Langsam reicht's.


vorweg: Liebe Eltern, wir klären morgen alles bei Skype!

an alle Anderen: Es geht hier um meine Gesundheit. Wer das nicht lesen möchte, soll das einfach nicht machen.

Der letzte Gang auf die Waage und der aktuelle Entzündungsschub sind die Tropfen, die das Fass zum Überlaufen bringen. Ich brauche dringend eine vernünftige CED-Diagnose, damit ich endlich die richtigen Medikamente gegen die Entzündungen bekommen kann. In einer Schubphase können sie den Körper fies beeinträchtigen oder so wie heute fast ausschalten. Die ersten Tage der Woche waren nur Mund und Rachen entzündet, das ist zwar unangenehm, weil ich nichts Festes essen kann, aber heute ist das komplette rechte Bein dran: Ich kann nicht auftreten, ich muss das Kniegelenk still halten, ich kann nicht gehen.

Und das kann so nicht mehr weitergehen, also suche ich mir Hilfe in der nächsten Woche, um endlich an einen Termin bei'm Gastroenterologen zu kommen. Nein, den habe ich noch nicht. Ja, ich weiß, wie sehr man sich als Autist dabei im Weg stehen kann. Die Sannitanic weiß das auch, mit Blick auf die Diagnose der Behinderung.

Bleibt für heute erstmal nur Sitzen/Liegen und irgendwas zu essen finden, damit ich nicht noch klappriger werde. Am Anfang des Studiums war es irgendwie "cool", so dünn zu sein. Jetzt sticht bei mir hinten die Wirbelsäule und vorne der Brustkorb heraus - Haut und Knochen, wie man so sagt - und das ist nicht mehr cool, sondern ein Warnsignal.

Dann sehe ich einen TV-Bericht über CEDs, sehe so viele Parallelen zu mir und erfahre dann, dass eine Patientin es geschafft hat, mittels der Medikamente ihre Remissionsphase auf fast ein Jahr auszudehnen - das war wie ein rotes Signal "Warum hast du noch nichts gemacht? Es könnte so viel einfacher sein!"

Right. Das geht los. Erstmal wieder gehen können.

Dienstag, 5. November 2024

Das Ende einer Wahl


Ich kann es einfach nicht verstehen. Heute endet die Wahl zum Präsidenten der USA - und die Umfragen sind extrem nah beieinander, und das erschreckt mich angesichts der Wahl zwischen der ersten Frau für das Amt, die anpacken möchte, und einem Soziopathen, der Nazirhetorik verwendet und das Land gegen alles abriegeln will. Dass seine "Reden" oftmals zusammenhanglos sind, scheint niemanden im Publikum zu stören - Hauptsache, er ist rechts genug.

Ich frage mich, ob solche Zustände auch bei uns in Deutschland möglich wären, und natürlich sind sie das. Man muss nur schauen, wie sehr die extrem rechten und linken Parteien an Stimmen gewonnen haben, und wenn man dann sieht, dass es gemeinsame Schnittmengen zwischen der AfD und dem BSW gibt, bekomme ich einen Bammel vor unserer nächsten Wahl im nächsten Jahr.

Jetzt hoffe ich erstmal nicht nur, dass Kamala Harris die erste Asian-American Präsidentin der USA wird. Ich hoffe, dass die Wahl ohne Unruhen, Proteste und Gewalt ausgeht. Trump hat die Samen dafür früh gesät, indem er immer wieder behauptet hat, dass die Wahl nur dann fair ist, wenn er gewinnt. Ansonsten ist es Wahlbetrug, und es könnte zu einem Protest wie dem Kapitolsturm kommen. Hoffen wir einfach mal, dass niemand stirbt. 

Ein Präsident Trump würde ein globales Desaster bedeuten...