Donnerstag, 20. April 2023

Der Befund


"F84.5"

Gestern habe ich es doch tatsächlich geschafft, mich in Neumünster zu verlaufen, dabei geht es vom Bahnhof zum Krankenhaus immer nur geradeaus. An einer Stelle muss man ein wenig nach links abbiegen - und ich habe gar nicht mitbekommen, wie ich ein wenig nach rechts abgebogen bin. So bin ich immer weiter gewandert, konnte das Krankenhaus nicht finden und habe panisch auf die Uhr geschaut, weil mein Termin bei'm Psychiater immer näher gerückt war. Irgendwann konnte ich mich dann mal dazu durchringen, Passanten nach dem Weg zu fragen. Sehr nette Leute, wenn auch nicht immer mit eindeutigen Aussagen, was mir zu spät aufgefallen ist. War es nun die "übernächste große Kreuzung" oder die "übernächste, große Kreuzung"?

Und dann war ich drei Minuten vor meinem Termin am Krankenhaus, aus einer ganz anderen Richtung als sonst, und habe den Haupteingang nicht mehr wiedererkannt, vor allem nicht mit dem großen roten Schild an der Eingangstür, das den Zutritt verbietet. Innen war es nicht gerade einfacher, dank Umleitungen für einen sowieso schon komplexen Weg durch die Eingeweide des KKH. Irgendwann hat es dann alles geklappt, und während einer kleinen Wartezeit konnte ich wieder zu Atem und außer Schweiß kommen. 

Unter anderem haben wir dieses Mal über das fürchterliche Gutachten aus Lübeck gesprochen, dieses fehlerreiche, unschlüssige, widersprüchliche Gutachten. Interessant, dass nicht nur ich versuche, die andere Seite zu verstehen - er hat auch überlegt, was die Kollegin wohl zu diesem Gutachten bzw. ihrer Schlussfolgerung gebracht haben könnte, dass bei mir eine ASS mit Sicherheit ausgeschlossen werden könne.

Wir haben darüber gesprochen, was nun die nächsten Schritte sind, und ich habe nachgefragt, ob das Landesamt für soziale Dienste inzwischen einmal bei ihm nachgefragt hat - für ein Gutachten. Nichts. Das finde ich dann doch ein bisschen seltsam. Ich habe dort den Antrag auf Anerkennung einer Schwerbehinderung eingereicht, und es hieß, dass man von Nachfragen bitte absehen soll und dass die durchschnittliche Bearbeitungszeit vier Monate betrage. Mittlerweile ist es zehn Monate später und ich habe nichts gehört. Ich sollte dort einmal anrufen...

...zumal nun mein erster fachärztlicher Befund vorliegt! Damit habe ich die Diagnose schwarz auf weiß, und es hat nur vier Jahre gedauert. Darauf bezieht sich die Zahl zu Beginn des Beitrags - F84.5 ist die ICD-10-Bezeichnung für die Autismus-Spektrums-Störung. Ich bin Autist, fein, endlich. Jetzt muss ich nur noch offiziell behindert werden - der Kontakt mit dem Sozialamt könnte das bei jedem Menschen bewirken...

Einen riesigen Schritt weiter, und sehr erleichtert.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen