Etwas dunkler. Etwas flacher. Und Tieferlegen ist in Kiel purer Selbstmord - aber in diese Richtung dürfte es gern gehen ^^ |
Zeig' mir Deinen Lehrerparkplatz, und ich sage Dir, wer bei Dir unterrichtet!
Ein Lehrerparkplatz dient als wunderbares Analytikum eines Lehrerkollegiums. Und es geht gar nicht nur danach, was für Autos da stehen. Da findet man alles, hier einen Porsche, dort einen Jaguar, da einen Mercedes, hier einen BMW, und überall verteilt die etwas "kleineren" Wagen. Viel interessanter ist da der Zustand der Autos - wie jemand zu mir meinte: "Ja, meinen Wagen erkennt man immer an den Kratzern im Lack."
Und die kommen nicht von ungefähr, sondern sagen ein wenig über die Lehrerpersönlichkeit aus. Natürlich verlocken "protzige" Karren eher mal zu Vandalismus - es geht doch nichts darüber, einen Mercedesstern oder einen Jaguar abzubrechen. Denke ich mal. Aber interessanterweise ist gerade ein sehr auffälliger Benz auf unserem Parkplatz komplett unversehrt. Kein Wunder, wenn man weiß, dass darin Jens, einer der beliebtesten Lehrer der Schule fährt. Den finden die Schüler cool, und sie finden auch sein Auto cool. Sie würden daran niemals Vandale üben.
Anders ist es da bei Hiltrud (so nenne ich sie mal), die von der alten Schule ist. Wenn es nicht irgendwann verboten worden wäre, Schüler zu schlagen, wäre sie vielleicht immer noch dabei. Aber man kann die Schüler ja immer noch vor die versammelte Klasse stellen und zusammenschreien, und Klassenstrafen verteilen, die werden schon noch das Maul halten. Fehlt eigentlich nur noch eine Trainerpfeife im Unterricht, aber sie unterrichtet Mathe und Latein, kein Sport - und ihre Stimme reicht vollkommen aus.
Die Schüler hassen Hiltrud. Das Kollegium auch, aber darüber wird nicht gesprochen, und das ist auch besser so. Die Kinder in Hiltruds eigener Klasse trauen sich nicht, aufzubegehren, denn sie ist schnell dabei, Eltern in die Schule vorzuladen. Und auch sie anzuschreien, vor den Augen ihrer Kinder, so dass schließlich beide mit rotgeweinten Augen die Schule verlassen.
Andere Kinder haben Hiltrud nur in einem Fach, aber das reicht schon aus. Und sie wissen nicht, wie sie sich zur Wehr setzen können, denn obwohl Hiltruds Methoden in der ganzen Schule bekannt sind, tut niemand etwas dagegen. Also wird unauffällig der Schlüsselbund gezückt und Hiltrud fährt ihre Kratzer im Lack wie Trophäen spazieren. Ja, sie ist stolz darauf: "Das zeigt nämlich, dass ich mich durchsetzen kann und nicht so einen Waschlappen-Unterricht mache!"
Und da vorne, der BMW, der gehört Eckhart. Der Wagen sieht picobello aus, und keiner erkennt mehr, dass ihm vor einem Monat von Unbekannten die Reifen zerstochen worden sind. Und keiner sieht mehr, dass vor zwei Wochen an der Tankstelle mehrere Täter mit Ziegelsteinen die Windschutzscheibe eingeworfen haben. Warum jemand so etwas tut? Weil Eckhart es wagt, im Unterricht Ansprüche zu stellen. Mit drei Vierteln seiner Klassenarbeiten muss er zur Genehmigung. Vier von fünf Schülern fallen in seinen Prüfungen durch. Das aber nicht, weil er Freude daran hat - sondern weil es nötig ist.
Dabei ist Eckhart ein unglaublich netter Kollege, und ich merke in jedem Gespräch, dass ihm das Wohlergehen der Schüler tatsächlich am Herzen liegt. Leider fällt es den jungen, impulsiven Schülern nicht leicht, diese Seite zu erkennen. Und so werden sie seinen Wagen auch weiterhin demolieren, fürchte ich.
Ich möchte irgendwann auch ein richtig auffälliges Auto haben. Was Sportliches, gern in schwarz, mit dunkelblauen Paintbrush-Applikationen oder so, Flammen, Schädel, irgendwas. Und ich überlege, ob das meine Schüler auch anstachelt, die Schlüssel, Schraubenzieher und Ziegelsteine zu zücken.
Aber irgendwie denke ich, dass ich ohne Kratzer im Lack auskommen werde.
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