Mein Meditationszimmer in Husum, die einzige Möglichkeit zur Flucht... |
Husum ist klein. Husum ist provinziell-spießig. In Husum kennt jeder jeden. In Husum kann ich nicht zum Bäcker gehen, ohne eine Mutter, einen Schüler und meine Schulleiterin zu treffen, und die Bäckerin begrüßt mich beim Vornamen. Wenn ich mir ein neues Auto zulege, weiß das in kürzester Zeit ganz Husum, zerreißt sich das Maul darüber und bildet sich seine Meinung, als hätte niemand Anderes mit seiner Zeit zu tun. In Husum kann ich nichts abseits des Mainstreams tun, ohne mir missbilligende Blicke einzufangen. Wenn ich ungewöhnliche Kleidung trage: Missbilligende Blicke (die Buba sagt "bhissbiwwiggedhe"). Wenn ich Psychedelika ausprobiere: Missbilligende Blicke. Wenn ich Doom Metal höre: Missbilligende Blicke. Wenn ich perverse sexuelle Fantasien habe: Missbilligende Blicke. Husum ist nicht aufgeklärt.
Das waren eine ganze Reihe Gründe, warum ich unbedingt wieder aus Husum weg wollte, aus einer Stadt, in der ich zumindest im Ansatz überlegt hatte, bleiben zu wollen. Es dauerte drei Monate, um diese Überlegungen über Bord zu werfen - denn ich brauche die Stadt, Größe egal. Ich brauche den Lärm. Ich brauche die Möglichkeit zur Flucht innerhalb des Lärms - zum Beispiel durch Parks oder meine Weltraumbasis. Ich brauche die Anonymität. Ich möchte unerkannt einkaufen gehen können. Ich möchte, dass es die Leute einen Scheiß interessiert, ob ich Gothic-Outfits trage. Ich möchte, dass die Leute in Sachen sexueller Vielfalt etwas aufgeklärter sind. Ich möchte nicht beim Vornamen begrüßt werden, außer von meinen Freunden. Ich möchte mein eigenes Offstream-Ding durchziehen, ohne dafür verurteilt zu werden.
Neunzehn Jahre lang habe ich in Dithmarschen gelebt, neunzehn Jahre lang war das nicht möglich - und dann kam Kiel. Und dabei ist Kiel noch nicht einmal Hamburg oder Berlin, bei Weitem nicht, aber es ist auch keine Provinz mehr, kein Nest. Es gibt hier eine Schwarze Szene. Ich habe meine eigene geschmackliche Vielfalt erst hier entdeckt, nicht in den engen Zwängen der Westküste. Nachvollziehbar, dass Husum dann ein gewaltiger Schritt rückwärts in dieser Entwicklung war, und ich auf einmal wieder eingesperrt war in der Ludwig-Ohlsen-Straße, in viel zu engen ("ideologischen") Wänden, strebend nach Platz für meinen Geist zum Durchatmen.
Der Weg zurück nach Kiel hat befreit. Endlich ist diese Luft wieder da, endlich wieder die Anonymität. Gerade in dieser Situation finde ich es faszinierend, dass es eben doch ein paar Menschen gibt, mit denen ich auf Du bin und die mich begrüßen, sei es nun Sven oder die Mitarbeiter unten bei Sky oder Ture von nebenan oder die Damen beim Friseur unten, wo ich gerade her komme. Irgendwie ist es doch schön, ein paar "Ankerpunkte" zu haben, ein paar Punkte festzumachen, anhand derer ich sagen kann:
Das hier ist mein Zuhause.
post scriptum: Spicy mag nicht mehr Pressesprecher des Weißen Hauses sein, aber seine Nachfolgerin Sarah Huckabee Sanders stellt eine veritable Comedy-Goldmine dar. Warum? Nun...
"She's looking like a sorority girl at a rave party whose Ecstasy pill has just kicked in." (S.Colbert) |
passing gas... |
"Is this supposed to be mommy's birthday present...?!" |
"You talkin' to me???" |
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen