Sollte hier etwa endgültig Funkstille herrschen? Nein, das nicht, aber ich merke doch, dass jetzt mit der neuen Arbeit Tage auftauchen, an denen ich den Kopf für den Blog nicht frei bekomme. Und auch, wenn eine gute Freundin mich unlängst als "hochfunktionalen Soziopathen" bezeichnet hat, habe ich ihr direkt widersprochen: "hochfunktional" bin ich nicht, der Eindruck täuscht. Nun also endlich ein weiterer Teil der Story um die zwei Jungs auf der Suche nach sich selbst.
Disclaimer: Diese
Geschichte ist Fiktion. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen und
Ereignissen sind rein zufällig und nicht vom Autor beabsichtigt. Das wäre ja
sonst ein roman à clef, und zu solchen literarischen Kunststückchen ist der
Autor sicher nicht fähig.
Dieser Abschnitt der
Geschichte enthält explizite Darstellungen von Drogenkonsum sowie seinen
Auswirkungen und/oder Szenen körperlicher Nähe. Wer an solchen Bildern Anstoß
nimmt, möge dieses Kapitel bitte überspringen. Darüber hinaus möchte der Autor
immer zu einem verantwortungsbewussten Konsum psychoaktiver Substanzen mahnen:
Das ist der sicherste Weg zur Drogenmündigkeit, dem Gegenstück zur
Abhängigkeit.
Identität – die
Geschichte von Timo und Julian
part 7
…und ich möchte gerade gar nicht, dass das
aufhört… und Timo… er genießt das bestimmt auch grad richtig… ich hoffe, es ist
für ihn okay, dass ich grad so gar nix sag… Wahnsinn, ich fühle mich so wohl,
so warm von innen, so klasse, und all der Stress ist weg… die Wiese ist so
kuschelig und ich hätte gerade dermaßen Bock auf…
„Na, fühlst du
dich wohl?“
„Aber hallo,
wow Timo, was hast du da mitgebracht?“
„Ich war mir
ziemlich sicher, dass es dir gefallen würde. Ich hab niemanden erlebt, der nen
Opioidturn beim ersten Mal nicht super findet.“
„Lass uns
unbedingt noch hier liegen bleiben, ich will das grad richtig genießen.“
„Hey klar, wir
haben noch reichlich Zeit, wir sollen erst um 18 Uhr bei Cory sein, bis dahin
chillen wir hier.“
„So machen wir
das.“
Ich rückte
unauffällig ein Stück näher zu ihm, so dass unsere Hände sich leicht berührten.
Ich kannte dieses Drogengefühl schon und genoss es aus vollen Zügen,
gleichzeitig fühlte ich mich so entspannt und enthemmt. Ich war mir sicher,
dass es ihm auch so ging, und ich schaute zu ihm rüber. Ich fand es so schön,
dass wir ungestört waren, ich war entspannt, all die Aufregung war nun
abgefallen. Ich wollte einfach nur mit ihm hier liegen, ohne irgendwelche
Ängste oder Sorgen oder Zwänge. Ich strahlte ihn an. Ju schaute zu mir und
strahlte zurück. Er hatte Mühe, seine Augen richtig offen zu halten.
„Mh, Timo, das
ist so geil…“
„Oh ja… ich
finds schön, dass wir heute hier sind.“
„Ich find es
auch schön, und die Entscheidung werde ich nicht bereuen.“
„Ich hoffe, es
ist okay, wenn ich dich gerade die ganze Zeit angaffe.“
„Ist doch
vollkommen okay, warum sollte ich damit ein Problem haben.“
„Ich finde
einfach, dass du echt einen schönen Körper hast.“
Wow, das
müssen die Drogen sein.
„Sorry“, schob
ich schnell hinterher.
„Wieso denn,
ist doch alles in Ordnung. Das kannst du doch ruhig sagen.“
„Naja, aber
dann denkst du, ich will was von dir oder so, whatever…“
„Ach was, mach
dir mal keine Gedanken darum. Außerdem, wer hört nicht gerne, dass er einen
hübschen Körper hat?“
„Bist du denn
mit ihm zufrieden?“ Das Gespräch kam in Gang, die Opioide taten ihren Dienst.
Julian schien sich nicht im Geringsten davon gestört zu fühlen, im Gegenteil,
wir genossen den Moment in vollen Zügen.
„Ja,
eigentlich schon. Naja, am Bauch ist noch zuviel Fett, das muss noch weg, aber
dazu ess ich einfach zu gerne.“
„Hallo? Wo
bist du denn da zu fett?“
Julian hob den
Kopf und schaute an sich herunter. „Naja, willst du mal anfassen?“
„Darf ich?“
„Warum nicht…
schaut doch keiner zu… mach einfach.“
Ich entschied
mich dafür, in dieser Stimmung einfach mit dem Flow zu gehen, und legte meine
linke Hand auf seinen Bauch. Dabei zog er sein Shirt ein Stück nach oben, damit
wir besser schauen konnten. Ich fühlte die kleinen Härchen auf seiner leicht
gebräunten Haut und in dem Moment war es mir vollkommen egal, ob er zu fett war
oder zu dünn, sein BMI interessierte mich überhaupt nicht und seine Frisur war
vollkommen vergessen, und gedankenverloren streichelte ich ein bisschen hin und
her… bis mich meine Gedanken wieder einholten und ich zügig die Hand zurückzog,
und in möglichst neutralem Ton hinterher schob: „Ach, Schwachsinn, stell dich
nicht so an. Ich finde, du siehst gut aus.“ Ich drehte mich wieder zurück, wir
lagen beide auf dem Rücken und schauten durch das Blätterdach in den strahlend
blauen Himmel. War das gerade echt? Ich wüsste so gern, was in seinem Kopf vor
sich geht, dachte ich damals – wie ich es auch danach noch häufig denken
sollte.
Nun, da die
Zungen endlich gelöst waren, wollte ich wissen, was mit ihm los war. Ich wollte
wissen, wie die Geschichte mit seiner letzten Freundin gelaufen war. Ich wollte
für ihn da sein und ihm zeigen, dass ich in einer solchen Situation ein guter
Freund sein kann. Ich wollte so sehr, dass er mich mochte. Was war da los?
Hatte ich mich etwa… nein, das kann gar nicht… ablenken!
„Ju?“
„Ja?“
„Möchtest du
von ihr erzählen?“
„Von Thea?“
„Ist das ihr
Name?“
„Ach ja, ist
er. War er. Ist aber egal, ich versuch das einfach alles hinter mich zu
bringen, gibt auch noch mehr Frauen auf dieser Welt und irgendwo ist bestimmt
die Richtige dabei.“
Das saß. Ich
atmete etwas zu lautstark aus.
„Timo? Alles
okay?“
„Ist alles in
Ordnung, ich finds nur schade, dass dich das so sehr getroffen hat… ich hoffe,
Cory und ich können dich heute ein wenig ablenken.“
„Ich fühl mich
jetzt schon gut abgelenkt, ehrlich gesagt.“ Und er drehte seinen Kopf zu mir
rüber: „Danke, Timo.“ Und wir lächelten uns kurz an. „Und Heroin ist also so
ähnlich wie das jetzt? Dann kann ich verstehen, warum so viele Menschen davon
abhängig sind.“
„Ja, es ist
noch intensiver, unmittelbarer und so, aber im Wesentlichen kann man das
vergleichen. Keine Angst, ich pass auf dich auf.“
„Ich wusste
gar nicht, dass es Drogen mit so einer schönen Wirkung gibt. Ich kenn nur Alk,
das ist zum Abschießen ja okay, aber auf die Nachwirkungen könnte ich
verzichten, und das Kiffen damals hat irgendwie überhaupt nichts bewirkt. Und
so was hier, ich finde, das kann man hin und wieder mal machen.“
„Das ist auch
einer der Hauptgründe, warum ich so gut wie keinen Alkohol mehr trinke. Das
Gefühl ist mir einfach zu räudig.“
„Hast du denn
sonst noch mit anderen Drogen Erfahrungen?“
„Hm, sagen wir
mal so, ich hab ein paar Sachen ausprobiert, aber nicht so viele verschiedene
Substanzklassen. Ich kenn noch ein paar Opiate mehr, hab diverse
Beruhigungsmittel mal ausprobiert, das hat mich aber so gar nicht gereizt.“
„Hattest du
schon mal einen Trip?“
„Jep, nicht
klassisch mit einem Halluzinogen, sondern mit einem Dissoziativum. Dauert zu
lang, das zu erklären, jedenfalls hat mir das gut gefallen, weil ich dadurch
viel über mich selbst gelernt habe.“
Und das war
nicht gelogen. Ich hatte gelernt, mein Verhalten öfters mal von außen zu sehen,
ich habe ein Bewusstsein bekommen dafür, dass meine Gedanken und Taten nicht
immer die ideale Lösung sind. Und die Trips halfen mir, das Gedankenchaos in
meinem Kopf zu beseitigen, weil ich wie bei Meditationen lange, ruhige
Nachdenkphasen dabei hatte. All das erläuterte ich Julian. Wir schwiegen einen
Moment, als wir bemerkten, dass ein älteres Ehepaar langsam an unserem Platz
vorbei flanierte.
„Timo, das
klingt jetzt vielleicht ein bisschen verrückt, aber das würde mich auch mal
interessieren.“
„Psychedelische
Substanzen? Du möchtest mal auf einen Trip gehen?“
„Naja, ich hab
ein bisschen Angst, dass ich kleben bleibe, ich hab darüber schon Einiges
gelesen. Und ich würds nicht allein machen.“
„Nein, ist
besser, wenn man einen Begleiter oder Tripsitter hat, gerade wenn man selbst noch
unerfahren ist.“
„Würdest du
das machen? Mit mir mal auf einen Trip gehen?“
Ich blickte
wieder zu ihm rüber. Das wurde ja immer besser. Als er es bemerkte, wandte er
seinen Kopf zu mir.
„Ich mein,
musst du nicht, ich will dich zu nichts drängen, aber…“
„…aber du bist
neugierig geworden, richtig? Das steht wie ein Punkt zum Abhaken auf der
Lebens-To Do-Liste, oder?“
„Woher weißt
du das, war das bei dir auch so?“
„Das geht sehr
vielen Menschen so. Die Neugier, den eigenen Horizont zu erweitern, etwas Neues
zu erfahren, sich selbst kennenzulernen… das machen die Menschen schon seit
Jahrtausenden, findet man ja auch bei diversen Naturvölkern.“
„Ist das also
ein Ja?“
„Und wie! Du
glaubst gar nicht, wie lange ich das schon mal ausprobieren wollte – mit
jemandem zusammen auf einen Trip gehen. Das können wir gern machen! Ich werd
dir das auch alles erklären, damit du weißt, was auf dich zukommt. Wir planen
das Ganze richtig gut durch.“
„Wow, ich bin
so aufgeregt, ich würd am liebsten jetzt schon weitermachen…“, sagte er
verträumt, aber ich musste ihn bremsen.
„Machen wir,
Julian, kein Ding! Aber wir sollten jetzt langsam mal losgehen, wir sollten um
18 Uhr bei Cory sein, und jetzt ist es bereits zwanzig nach.“
„Oh shit, ich
hab gar nicht mitbekommen, wie die Zeit rumgegangen ist, ich hätte hier noch
ewig liegen können. Macht nichts, für Cory finden wir schon ne Ausrede.“
Wir grinsten
uns noch einmal an, dann standen wir auf. Julian geriet deutlich ins Schwanken
und stützte sich auf meine Schulter.
„Wow, alles
klar, damit hab ich jetzt nicht gerechnet, ich muss mal ne Sekunde stehen
bleiben, mir ist schwindelig.“
„Keine Sorge,
ganz normal, Du bist zu schnell aufgestanden und das auch noch unter
Opioid-Einfluss, da macht der Kreislauf gern mal solche Zicken.“
Er stützte
vornübergebeugt seine Hände auf den Knien ab.
„Und? Geht
wieder?“
„Ja, danke für
die ganzen Erklärungen, Timo, ich fühl mich damit sicherer. Okay, dann mal
Abflug zum Auto und auf dem Weg überlegen wir uns ne Geschichte für Cory, warum
wir zu spät sind.“
Strahlend wie
zwei Honigkuchenpferde wanderten wir über die grüne Wiese Richtung Tor. Bevor
wir den Ausgang des Parks erreichten, blieb Ju abrupt stehen, lächelte mich an
und fragte: „Möchtest du eigentlich mal meine Muskeln anfassen? Du meintest
doch, dass dir das gefällt, oder?“
Alles klar, da
denke ich, gut, der Peak ist überschritten, und dann so was. Ich schaute ihm
direkt in die Augen. Angriff, und zwar jetzt!
„Klar, würd
ich gerne, spann doch mal an!“
Wir schauten
uns noch kurz um, ob niemand in der Nähe war, dann zog Julian die Ärmel seines
Shirts hoch und spannte seine Oberarme an. Wow. Damit hatte ich nicht
gerechnet. Ich sah, wie seine Tattoos durch die Muskeln ein wenig verzerrt
wurden. Mir wurde ziemlich heiß, wusste grad nicht so richtig, was ich machen
sollte, aber Ju ging nun in die Vollen.
„Na los, du
kannst ruhig anfassen!“
Und das tat
ich. Zuerst tippte ich nur mit den Fingern ein bisschen dagegen, dann legte ich
eine Hand auf seinen Oberarm, schließlich packte ich mit beiden Händen richtig
zu. Ju strahlte, während er selbst seinen Arm betrachtete.
„Wow, Julian,
da hat sich aber seit dem Theater Einiges getan! Das fühlt sich so geil an, ich
fühl mich grad richtig geehrt, dass ich da mal ran darf.“
„Ja, die sind
ganz schön fest, oder? Da kommt auch so schnell keiner gegen an. Das muss an
den Drogen liegen, ich weiß auch nicht, ich hatte einfach total Lust, Dir meine
Muskeln zu zeigen, warum auch nicht? Und jetzt ist die Chance, gleich bei Cory
wäre das irgendwie unpassend.“
Ich musste
kichern.
„Wenn die
wüsste, was wir beide schon alles gemacht haben, bevor wir überhaupt zu ihr
losgefahren sind. Lass uns bloß nichts erzählen!“
„Nein,
natürlich nicht.“
„Okay, dann
komm, ab zum Auto.“
Ein klein
wenig schwankend gingen wir den Fußweg zu meinem Auto zurück, während ich
fieberhaft überlegte, was ich Cory bloß erzählen sollte…
fortsetzung folgt...
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