Freitag, 27. Mai 2016

Warum eigentlich "Dr Hilarius"?

Ich könnte mir vorstellen, dass bei dem Einen oder dem Anderen die Frage direkt mit diesem Bild beantwortet ist. Man sieht das Bild, sinniert über Dr Hilarius und denkt sich: "Stimmt, das alles passt perfekt zusammen." Könnte ich mir vorstellen, mache ich aber nicht. Bleiben wir realistisch.

Da könnte man nun zunächst über Orthografie diskutieren: Das englische Wort "hilarious" enthält schließlich noch ein o; es bedeutet soviel wie "witzig, lachhaft, zum Schreien komisch, total verrückt". Okay, manche dieser Attribute treffen vielleicht in ganz dünnen Ansätzen auf mich zu. Habe ich meine Blog-Persona also danach benannt?

Nein. Es handelt sich um eine Figur aus Thomas Pynchons Roman The Crying of Lot 49. Dr Hilarius ist der Seelenklempner der Protagonistin Oedipa Maas. Ich weiß noch, wie ich beim ersten Lesen schreiend vor Lachen auf dem Boden gelegen habe. Wie kann man einen Psychodoc nur "Dr Hilarius" nennen, das ist grandios! Ebenso grandios wie das gesamte Buch, ein postmoderner Roman über eine geheime Verschwörung, skurrill, lustig und anspruchsvoll. Mit jedem Lesen verstehe ich das Buch etwas mehr; Pynchon ist bekannt dafür, dass er extrem komplexe Welten entwirft, in denen er seine Figuren agieren lässt. Manche nennen Lot 49 ein Musterbeispiel des postmodernen Romans, ich schließe mich dem an. Pynchon selbst ist enttäuscht von dem Werk. "Als hätte ich alles verlernt!" oder so wird er sich geäußert haben. Lassen wir ihm sein Selbstmitleid.

Ich psychologisiere selbst gern herum. In meiner Wohnung steht eine Couch; wer sich drauflegt, sieht als Erstes einen Zettel, der an der Decke klebt: "100% ehrlich, offen, authentisch - sei DU!" Wer sich bei mir auf die Couch legt, geht in der Regel mit reichlich Gedankenfutter nach Hause. Und ich entwickle mich bei diesen Sitzungen (eigentlich eher Liegungen?) auch selbst weiter.

Flo hat oft bei mir auf der Couch gelegen. Wir haben über viele Dinge gesprochen, die ihn beschäftigt haben, wir haben auf dieser Couch Weltbilder umsortiert und ausgemalt. Manchmal vermisse ich das; generell scheint meine Wohnung eine entspannende Wirkung zu besitzen. Hier kann jeder so sein, wie er möchte, und offen über alles reden. Flo wusste das zu nutzen, und als Gegenleistung für seine Offenheit habe ich versucht, ihm neue Blickwinkel zu zeigen. Zur Not auch mit Stift und Papier - liegen jederzeit neben der Couch parat.

Ich sollte Eintritt nehmen!

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