Freitag, 19. Dezember 2025

Angst vor dem neuen Jahr


Sehen wir den Tatsachen in's Auge: Ich habe eine Autismus-Spektrums-Störung, eine Panikstörung, eine schwere Depression, eine Colitis Ulcerosa und die Neurodermitis. Ich habe jetzt eine Chronikerbescheinigung vom Krankenhaus bekommen, um im kommenden Jahr eine Zuzahlungsbefreiung für haufenweise Medikamente bekommen, die ich immer wieder nehmen muss. Ich habe in den letzten drei Monaten 105€ an Zuzahlungen ausgegeben, für Medikamente und die Infusionen. Ich kann mit das nicht mehr leisten:

Mir bleiben vom Bürgergeld nach Abzug von D-Ticket, Telefonrechnung, Stadtwerke, Netflix-Abo etc noch knapp 300 Euro im Moment zum Leben. Zehn Euro pro Tag für Mahlzeiten, Klopapier, Pflaster, Medikamente. Ich habe am Tag in etwa 5 Euro zum Essen übrig - und das war es. Keine neue Kleidung, keine Filme, Videospiele, kein Fahrrad, kein Laptop o.ä., gar nichts.

Ich bekomme keine neue Arbeitsstelle, weil die Fachkombi Englisch/Latein seit Jahren nicht mehr ausgeschrieben worden ist. Das Einzige, was ich mit Glück finde, ist die Fachkombi Englisch/beliebig, auf die ich mich manchmal bewerben könnte. Nachteile: Entweder steht in den Erläuterungen zur Stelle, dass das Zweitfach Latein ausgeschlossen ist, oder es sind von Kiel aus 90 bis 120 Minuten Hinfahrt. 

Es gibt Menschen, zum Beispiel meine beiden besten Freundinnen, die mir sagen, hey, nimm doch die Stelle in Elmshorn an! Dort arbeiten die beiden, und ich könnte endlich wieder mit ihnen zusammen sein. Ich müsste nur umziehen. Und auch wenn langsam meine Widerstände bröckeln: Ich habe über zwanzig Jahre in Kiel gewohnt, mir hier ein Leben und Freunde aufgebaut. Ich kann das nicht einfach so abbrechen. 

Die Kieler Gelehrtenschule sucht einen neuen Lateinlehrer! Selbst wenn ich über meinen Schatten vom letzten Einsatz dort hinwegspringen könnte und mich mit der dortigen Klientel anfreunden könnte - das Zweitfach muss Sport sein. Ich habe kaum eine Chance, über das SH-Bewerbungssystem auf eine Schule zu kommen. Das Prinzip "Abordnung Plus" könnte ich vielleicht noch mit der erlesenen Sammlung an Behinderung und Chronischen Erkrankungen umgehen mit Hilfe des Schwerbehindertenbeauftragten - aber es steht keine Stelle für mich zur Verfügung. :-(

Im Februar geht es wieder in's Jobcenter wo - laut Nachrichten - die Kunden immer mehr drangsaliert werden, als würden wir uns das aus reinem Unwillen aussuchen, eine Stelle nicht anzunehmen. Dann muss spätestens zum April das nächste Bürgergeld - oder Grundsicherung oder whatever they might call it then - beantragen.

Ich habe Angst vor dem neuen Jahr, weil Vieles einfach so unfair ist.  

Darauf jetzt erstmal eine Schokolade (die derzeit mit Gold aufgewogen wird)! 

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