Donnerstag, 21. Juli 2016

Epilepsie-Flashback


Gestern habe ich einen Artikel zum Thema Epilepsie gelesen. Ich bin kein Epileptiker, und dafür bin ich sehr dankbar. Vor einigen Jahren hatte ich allerdings mal einen epileptischen Anfall, und das war für mich so befremdlich, so erschreckend, dass ich den Tag noch gut in Erinnerung habe.

Ein Tag wie jeder andere, es war Sommer und ich habe noch in der WG in Kronshagen gelebt. Es muss gegen Ende des Studiums gewesen sein. Ich weiß noch, wie ich am Nachmittag mit dem Auto in der Stadt unterwegs war. Am frühen Abend hatte ich mir dann ein Computerspiel genehmigt. Kurz nach achtzehn Uhr war das. Ich entspannte also eine Runde beim Spielen...

...und plötzlich saß ich nicht mehr am Schreibtisch, sondern in meinem Nippel-Sessel. Neben mir standen meine beiden Mitbewohner und schauten auf mich herab. "Geht es dir wieder besser?" fragte Nummer eins. Ich wusste nicht, wovon sie redete - war doch alles in Ordnung! Aber warte mal, warum saß ich auf dem Sessel? Was hatte ich davor gemacht? Wie spät war es? Welcher Tag war damals? Ich merkte plötzlich, dass ich vollkommen verwirrt war, irgendwie hatte ich einen Filmriss, ich merkte nur, wie sich nach und nach extreme Kopfschmerzen einstellten.

"Wie, na klar, ist denn etwas nicht in Ordnung?" "Er kann sich nicht dran erinnern." "Dr Hilarius, du lagst gerade auf dem Fußboden, hast wie wild um dich getreten und gekrampft und Deinen Kopf gegen den Beistelltisch geschlagen." Erster Gedanke: PEINLICH!!! Zweiter Gedanke: What the fuck???

"Ich glaube, du hattest einen epileptischen Anfall", meinte Nummer zwei dann behutsam zu mir. "Bleib erstmal einen Moment sitzen. Wie fühlst du dich?" Eigentlich war alles in Ordnung, wenn da nicht die Kopfschmerzen gewesen wären, die noch immer stärker wurden.

"Also eigentlich gehts mir gut, hab nur ein bisschen Kopfschmerzen und ich weiß nicht mehr genau, was passiert ist. Fuck, ist mir das peinlich..." - "Wir haben versucht, dich festzuhalten und in den Sessel zu setzen, du hast dabei rumgeschrien und wir haben uns irgendwie Sorgen gemacht."

Langsam fielen die Puzzleteile an ihren Platz. Ich konnte mich noch an das Computerspiel erinnern, dann hatte ich einen Filmriss von etwa zwanzig Minuten. Ich fuhr mir mit dem Handrücken über die Stirn, ich schwitzte sehr stark. Als ich die Hand wieder herunter nahm, sah ich, dass sie blutverschmiert war. "Oh, hab ich mir den Kopf angestoßen?"

Nummer zwei versuchte möglichst behutsam zu erklären: "Du hast deinen Kopf zwischendurch auch gegen den Ziegelstein unter deinem Schreibtisch geschlagen, aber das sieht schlimmer aus, als es ist. Möchtest Du erstmal ins Bad gehen? Gesicht waschen?" - "Ja, das ist besser, und zwei Aspirin. Es tut mir so Leid, dass ich euch Sorgen bereitet habe. Bitte erzählt das niemandem weiter, das ist mir so peinlich!" - "Mach dir darum keine Gedanken, natürlich erfährt davon niemand was. Wir gehen jetzt erstmal wieder in unser Zimmer zurück. Sollen wir einfach in einer halben Stunde nochmal nach dir schauen?" - "Ja, bitte. Ihr seid echt toll!"

Nun weiß ich also, wie sich so ein epileptischer Anfall anfühlt, und ich bin nicht scharf auf eine Wiederholung. Man könnte Schaden an der Einrichtung verursachen, sich selbst auf die Zunge beißen, sich Arme und Beine aufschlagen und dieses Gefühl absoluter Verwirrung und Orientierungslosigkeit danach und der verzweifelte Versuch, die Ereignisse zu rekonstruieren, das wünsche ich niemandem. Jetzt weiß ich, wie schwer das Leben hin und wieder für Epileptiker sein muss. Klar, dagegen gibt es Medizin, aber man ist nie vor so einem Anfall gefeit.

So, diese Erfahrung wollte ich nur einmal in diesem Blog mitteilen. Genießt die Sonne, es ist endlich wieder Sommer!

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