Sonntag, 1. Mai 2016

Das Ding mit der Übersetzung

"Boah, warum müssen wir überhaupt Englisch können?" - Diese Frage höre ich so oft, man sollte es nicht glauben, ist diese Klage doch besser im Fach Latein aufgehoben. Und was antworte ich dann? Ich erzähle Geschichten aus der Welt der Videospiele, um zu veranschaulichen, was passiert, wenn man der englischen (und deutschen) Sprache nicht mächtig ist. Da kommt es in den deutschen Lokalisierungen gern mal zu unfreiwillig komischen Momenten - ausgerechnet im Genre des Survival Horror.

Das Genre findet seine Wurzeln in Spielen wie Sweet Home, Clock Tower, Alone in the Dark und Resident Evil, um nur ein paar zu nennen. Die Prämisse ist dabei eigentlich immer gleich: Hauptfigur landet durch unvorhergesehenen Zwischenfall in einer gefährlichen Situation (Geisterhaus, Zombiestadt, Ruinen) und muss versuchen, zu überleben. Im Laufe dessen müssen Rätsel gelöst werden und die Hintergrundgeschichte des gefährlichen Ortes aufgedeckt werden. Dabei sind die Rätsel meistens völlig fehl am Platz ("Benutze rosa Gummiball, um Loch in Abfluss zu stopfen und einen festgeklemmten Schlüssel wegzuspülen", großer Dank an Silent Hill) - was nicht heißt, dass sie keinen Spaß machen - und die Geschichten sind recht unrealistisch, ganz im Tenor der Rätsel. Wobei das kein Kritikpunkt sein sollte; wenn ich realistischen Survival Horror möchte, dann gehe ich einfach in eine Brennpunktschule. Wobei ich da leider keine Schrotflinte habe, um mir die Zombies vom Hals zu schaffen.

Ich weiß nicht, warum es ausgerechnet in diesem Genre so häufig zu unsinnigen Übersetzungen kommt - mag es daran liegen, dass man Übersetzungsprogramme wie Babelfish angewendet hat, die mit richtigem Deutsch nicht viel am Hut haben? So wird dann aus "Simulacrum Mask. I got it." das herrliche (Caro weiß, was jetzt kommt) "Spiegelung Maske. Ich habe es." Klingt ein bisschen wie "Klausur sechs. Ich teile aus." oder "Job fest. Ich habe sie." Großer Dank an Project Zero, auch für "Fortgegeisterte" als Übersetzung von "Spirited Away". Sehr schön auch manchmal die Gelassenheit der Figuren angesichts ungewöhnlicher Umstände: "Nur die geschmolzenen Überreste einer Hand. Nicht weiter interessant."

Ich bin für diese komischen Momente ganz dankbar. Denn man muss dem Survival Horror eines lassen: Er bringt einen zum Fürchten, zumindest bei so intensiven Spielen wie Silent Hill 2 oder Project Zero 2. Da kommt man ins Schwitzen, da sitzt man auf der Kante des Stuhls, da erschreckt man sich bei jeder Kleinigkeit und muss sich auch noch gegen Monster wehren, dat kann nich jeder, mitte viele Knöppe da! Und da kann ein bisschen comic relief ab und an gut tun.

(Was nicht heißen soll, dass nicht auch andere Spiele großartige Fehlübersetzungen produzieren - zum Beispiel Final Fantasy VII, ein Ausbund an Sprachfreude, in dem aus "Take's Sword" dann "Nimm's Schwert" wird (Take ist ein Name) und aus dem Angriff "Takedown" wird "Flachlegen").

Solche Geschichtchen erzähle ich meinen Schülern, in der Sicherheit, dass sie solche Übersetzungen natürlich auch fürchterlich finden. Stattdessen: "Was haben sie denn, sie wissen doch, was damit gemeint ist." Und das Grausige: Sie haben Recht. Nächstes Mal an der Fleischtheke werde ich sagen: "Hackfleisch Pfund. Ich kaufe ihn." und an der Kasse "Euro Zwanzig. Du nimmst es."

Abend Feier, ich brauche es.

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