Sonntag, 2. Oktober 2016

Nach der Wende kam der Ernst

Quelle: SPD Schleswig-Holstein per Wikipedia.

Die norddeutschen Lehrer ahnen, worum es geht: Und das schleswig-holsteinische Bildungsministerium. Gibt es denn etwa Neues zu berichten? Nein. Das ist es ja gerade.

Mein Schuldienst hat unter Bildungsmysterium Waltraud "Wara" Wende begonnen. Wara schien stolz auf ihren Spitznamen gewesen zu sein, hat sie doch auch damit unterschrieben und auf ihrer Homepage diesen Namen benutzt. Und um nicht gleich zu Beginn etwas Schlechtes über Wara zu schreiben: Es wurde eine Veränderung in der Bezahlung angestellter Lehrkräfte durchgeführt, die sich endlich mal positiv auswirken sollte - so wurden Angestellte jetzt nicht mehr nur von Ferien bis Ferien beschäftigt und bezahlt, sondern auch die Ferien hindurch. Sie mussten sich also nicht mehr die Ferien über von Arbeitslosengeld ernähren. Und konnten endlich einen Anspruch auf das Arbeitslosengeld I erwerben, für das man ein Jahr am Stück gearbeitet haben muss.

Toll! Das ist doch mal eine schöne Entwicklung! Naja. Eine Frage des Blickwinkels. Wenn ich mit übelster Gangrän in meinen Armen herumlaufe, ist die Amputation der betroffenen Gliedmaßen eine Erleichterung. Trotzdem ist das Leben ohne Arme nicht der Wunsch eines jeden Menschen. Um für die Lehrer zu sprechen: Die durchgängige Bezahlung der angestellten Lehrer kann nicht drüber hinwegtäuschen, dass es zu viele Angestellte gibt (im Vergleich zu Beamten) und dass ein angestellter Lehrer für das Land (im Vergleich zu Beamten) viele Vorteile bedeutet: Jederzeit kündbar, geringeres Gehalt als verbeamtete Kollegen, weniger finanzielle Risiken für das Land.

Aus Lehrersicht bedeutet das Angestelltenverhältnis vor allem Eines: Ausbeutung. (Fast) gleicher Arbeitsumfang wie im Beamtenstatus bei mehreren hundert Euro Gehalt weniger (bei voller Stelle). Es ist keine Seltenheit, dass sich ein Lehrer in Schleswig-Holstein fünf bis zehn Jahre, oft auch länger, von einem befristeten Vertrag zum nächsten hangeln muss. Ich gehöre dazu. Für mich sinken die Aussichten auf eine Beamtenstelle auch dadurch, dass Latein mittlerweile an vielen Schulen ein Ausschlusskriterium für Bewerber ist: Latein wird nicht mehr gebraucht.

Und ich behaupte frech, dass es mit Waras Schwächung der Gymnasien zugunsten der Gemeinschaftsschulen einhergeht. Letztere erhalten seit Jahren umfangreiche Geldmittel, während die Gymnasien eingehen. Über kurz oder lang werden mit dem Wegfall der Schulartempfehlung die Gymnasien zu de facto-Gemeinschaftsschulen werden. Und Latein an einer Gemeinschaftsschule ist nun mal eine Seltenheit.

Wara Wende ist von der Bildfläche verschwunden. Nachdem sie endlich gegangen wurde, ist sie untergetaucht - der einzige Weg für sie, weiterer öffentlicher Schmähung zu entkommen. Man munkelt, sie habe eine Vertretung an einer Gemeinschaftsschule bekommen, sei dort aber von den Kindern angestellter Lehrkräfte in den Wahnsinn getrieben worden.

Kein Verlust.

Und nun haben wir Britta Ernst. Eine Frau mit einem oft sauertöpfischen Gesichtsausdruck, die Neuerungen bringen sollte und mit vorsichtiger Vorfreude von allen an Schule Beteiligten erwartet worden war. Doch Britta tat nichts. Tut nichts. Britta besucht die Schulen, stellt vor den Kameras immer wieder fest, wie toll das Bildungssystem in SH ist. Über die von Wara angerichteten Probleme schweigt sie. Sie ändert nichts. Vermutlich, um die jetzige Regierung bei der anstehenden Landtagswahl 2017 nicht noch mehr Stimmen zu kosten.

Ich habe Wara als Katastrophe betrachtet. Das kann ich über Britta nicht behaupten: Um mir ein Urteil über sie zu erlauben, müsste sie ein bisschen mehr tun, als auf Kosten des Steuerzahlers Schulen zu besuchen und so zu tun, als habe sie eine Ahnung davon, wie Schule funktioniert. Denn wenn das schleswig-holsteinische Bildungsministerium in den letzten Jahren eines bewiesen hat, dann, dass es nicht die geringste Vorstellung davon hat, wie es an den Schulen aussieht. Was authentischer Schulalltag ist.

Sorry, aber dadurch werden Protestparteien nur noch mehr Stimmen zugespielt.

post scriptum: Das "Sorry" im letzten Satz möchte ich gestrichen wissen. Mir tut hier nichts leid. Ich fand Wara zum K***en und finde Britta Sch***e. Anspruchsvolles Rätsel für heute - die Sterne durch Buchstaben ersetzen.

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