Donnerstag, 13. Juni 2019

Don't talk to me!

Sorry, heteronormativ, ich weiß...

Ganz alltägliche Situation: Man geht durch die Stadt, Einkäufe erledigen, düt un dat. Doch plötzlich, da vorne, steht ein Bekannter. Vielleicht schon ewig nicht mehr gesehen, und man freut sich und nutzt die Chance, Updates auszutauschen. Das ist doch eigentlich ein schönes Ereignis.

Eigentlich. Uneigentlich sieht es in meinem wirren Kopf anders aus: Ich habe meinen Tagesablauf komplett im Kopf, rattere mein imaginäres Drehbuch ab, gehe zielstrebig von Edeka zur Bushaltestelle und so weiter. Im Kopf bin ich schon drei Schritte weiter. Läuft.

Und dann sitze ich im Bus, im hinteren Bereich, und entdecke jemanden, den ich seit Jahren nicht gesehen habe, eine damalige Kommilitonin. Ein ganz toller Mensch, der sich richtig für andere Studenten eingesetzt hat, und nun sitzt sie da, im vorderen Bereich, meine Blickrichtung, schaut aus dem Fenster. Ich könnte hingehen und Hallo sagen, und dann steigen wir aus und unterhalten uns ein bisschen darüber, was so alles in den letzten Jahren passiert ist.

Aber das greift in meinen Tagesplan ein. Ich möchte einfach nur mit dem Bus von A nach B kommen, schnell, und fühle mich nicht bereit für ein Gespräch. Soziopath und so. Ich schaue mehrfach zu ihr, versichere mich, dass sie es auch wirklich ist, und sobald sie den Kopf ein bisschen bewegt, schaue ich schnell woanders hin. Keinen Blickkontakt herstellen. Denn ansonsten wäre es unhöflich, trotz Wiedererkennens nicht kurz miteinander zu kommunizieren.

In meinem Kopf hämmert es "Schau nicht zu mir, steig an der nächsten Haltestelle aus, vielleicht stellen sich ja ein paar weitere Fahrgäste in die Blicklinie", und so bin ich plötzlich angespannt und nervös. Zu einem Anlass, der doch eigentlich nett ist. Und dann steigt sie aus, puhhh, erleichtert, ich bin drum herum gekommen. Und fühle mich ein bisschen schlecht.

Sorry, Catrin, bitte nimm' es nicht persönlich!

post scriptum: Meine Schüler sind zur Zeit im Praktikum, und so habe ich etwas mehr Zeit; fast schon wie vorgezogene Ferien. Aber nur fast, denn natürlich betreue ich ein paar der Praktikanten von Schulseite aus. Etwas mehr Zeit für Genuss, soll das heißen, und so habe ich letzte Nacht begonnen, mir die dritte Staffel "Twin Peaks" anzuschauen. Ich habe sie bisher erst einmal gesehen - und auch darüber berichtet - und wollte mich endlich mal wieder in die neue verrückte Welt des David Lynch fallen lassen. Achtzehn Stunden Kunstwerk, in handlichen Stundenportionen aufgeteilt. Großartig!

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