Mittwoch, 22. Februar 2017

BOOM!!! There she goes again...


Bei allem, was das Lehrerdasein spannend und abwechslungsreich macht - Diebstähle, Drogenkonsum, Kindesmissbrauch, Anschläge auf Lehrerautos, Prügeleien auf dem Schulhof - bei diesem RTL-Panoptikum hat mir in St.Peter-Ording immer quasi die Pflichtlektüre des Junglehrers gefehlt: Der gepflegte Feueralarm. Da mag die Polizei noch so oft auf dem Schulgelände gewesen sein (keine Ahnung, vielleicht war das so), es war eigentlich nie wegen seltsamen Brandgeruchs und des zum Drücken einladenden roten Knöpfchen hinter der Glasscheibe.

Wie aufregend muss das Lehrerdasein dann erst an einer Schule sein, die in gut einem halben Jahr gleich fünf Feueralarme vorzuweisen hat? Da schliche sich ja schon langsam Routine ein - mal vorgestellt, man stünde da in seiner Klasse und diktiert die letzten Vokabeln des Vokabeltests. Und auf einmal zwitschern die dysharmonischen Sirenentöne durch das Gebäude, gefolgt von der sonoren, sachlichen, sehr männlichen Feststellung "Es wurde ein Feueralarm ausgelöst."

Da es ja schon Routine wäre, wenn im Schnitt tatsächlich einmal im Monat dieser Alarm betätigt würde, störte es die Lehrkraft nicht im Geringsten, wenn Schantalle anfinge zu weinen und Tscheeßn sich unter dem Tisch versteckt. Und Gertrullas Hyperventilieren würde süffisant gekontert: "Erst die letzten drei Vokabeln aufschreiben, TrullBabe, dann kannst du sterben. Wirst du eh', wenn du die Note siehst."

Während es womöglich anfangs noch gesittet ablief, dass die Kinder sich in Zweierreihen aufstellten zum gemeinsamen Gang Richtung Sportplatz, so hat diese Tradition sich längst der Realität gebeugt: Dähmjen zückt das Telefon, um die sterbende Gertrulla zu filmen und Schohna-Mäi legt neues Make Up auf, so sollen sie die Feuerwehrmänner schließlich nicht sehen. In der siebten Klasse.

"Sie haben noch gar nicht den Kuchen probiert, den ich für unseren Kurs gebacken habe", würde die kleine Dschennewjehf dann jammern. "Was soll's, wenn ich heute eh draufgehe...", als Lehrer denkt man da ganz pragmatisch und steckt den Kuchenklumpen mit den Vokabeltests in die Tasche, die sowieso im Klassenraum verbrennen soll. Hauptsache, das Klassenbuch ist dabei. Alles Andere kann man ersetzen, und somit würde ich auch nicht erst noch abwarten, bis Käwiehn sich die Schuhe zugeknotet hat, das dauert zu lang und ich schließe hinter mir ab.

Sammeln auf dem Sportplatz, und zwar klassen-, nicht kursweise. "Hey, ihr Armleuchter, ihr bleibt jetzt hier stehen, was ist daran so schwer zu verstehen? Kässriehn, du kontrollierst mal die Anwesenheit, ich kenne die Hälfte von euch gar nicht." - "Oh Dr Hilarius, können wir nicht wieder reingehen, hier im Wind ist es so kalt!" - "Ja klar, Schanahja, geh' schön rein, wo es warm ist - am besten dahin, wo es ganz, ganz warm ist, dann muss ich weniger Tests korrigieren."

Wie man so eine konfuse Situation erzeugen könnte? Es würde ja schon reichen, wenn man einen Böller in den Fahrradkeller würfe. Wenn ich irgendwann mal ein Rotzgör erwische, das an unserer Schule so etwas macht, dann schreibe ich da einen Blogeintrag drüber!

post scriptum: Auch einmal im Ernst - Feueralarm an einer differenzierenden Schulform kann deutlich anspruchsvoller sein als an Schulen, an denen nur Unterricht im Klassenverband stattfindet. Und es ist interessant zu beobachten, dass auch beim fünften Feueralarm in diesem Schuljahr nur wenige Lehrkräfte die richtigen Verhaltensweisen beachten. ABER! Das hat nichts mit unserer Schule zu tun. Ich gehe davon aus, dass es an vielen Schulen so ist. Also lasst uns weiterhin unsere Kompetenz in Extremsituationen trainieren!

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