Mittwoch, 22. Januar 2020

Annie Kay Meets Schwarze Szene

Heute ist es für mich überhaupt kein Problem mehr, ausgefallene Sachen zu finden - das war mal anders, und auch Annie Kay kann davon ein Lied singen.

Heute geht es um ein Gefühl von Zugehörigkeit als Alternative zum Freakdasein. Ich habe vor gut zwei Jahren schon einmal darüber geschrieben, aber es kann nicht schaden, das regelmäßig zu updaten. Gerade wenn man einen akuten Fall hat.

Ich kann mich noch gut daran erinnnern, wie ich mein erstes Paar New Rock Boots bestellt habe. Sauteuer, zweihundert Euro, und als Student musste ich dafür eine ganze Weile sparen, aber das war es wert: Ein paar Wochen später hatte ich zwei schwere Stiefel aus Spanien in der Hand, maßgefertigt aus Rindsleder, mit mehreren Metallapplikationen, auf die ich eine lebenslange Garantie habe, falls mal etwas abbrechen sollte - was in den vergangenen fünfzehn Jahren noch nicht ein Mal passiert ist. Die Schuhe sind qualitativ hochwertig, extrem bequem, auffällig und in der Schwarzen Szene gar nicht mal so ungewöhnlich. Wenn ich auf der Tanzfläch der Lost Souls meinen Blick nach unten richte, finde ich die Marke - erkennbar am runden Metalllogo - an mehreren tanzwütigen Beinen.

Abr wie kommt man an solche Sachen heran? Wenn man zum Beispiel noch nicht volljährig ist, und die Eltern das ganz bestimmt nicht erlauben würden? Heimlich im Internet bestellen fällt flach, wenn die Eltern die Post entgegennehmen. Bleibt also nur der ganz klassische Einkauf - in Kiel zum Beispiel im Laden Obscene, der nicht ohne Grund viele positive Bewertungen erhält. Und dennoch: Wenn man zum allerersten Mal in der Szene shoppen möchte, gehört ein wenig Mut dazu.

Wenn man diesen Mut aufbringen kann, wird man im Laden allerdings mit einigen der Charakteristika der Szene konfrontiert: Kaum fällt die Ladentür zu, wird ein Getränk angeboten, es gibt eine Führung durch das Geschäft, es ist alles sehr freundlich und familiär. Gesiezt wird nicht, denn das ist aus meinem Blickwinkel altmodischer Schwachsinn. Jegliche Angst fällt ab, und ganz kostenlos bekommt man das Gefühl, dazuzugehören, und nicht mehr ein Freak zu sein wie zum Beispiel in der Schule. Das ist eine Szene, in der das Alter irrelvant ist. Die Sexualität übrigens auch, erstaunlich weit verbreitet. Divers eben.

Und selbst wenn man bei'm ersten Besuch nur das eine oder andere neue Armband kauft, freut man sich schon auf den nächsten Besuch, irgendwann, und man merkt, dass die Schwarze Szene unglaublich tolerant ist. Quasi ein Gegenstück zum MAX in Kiel.

post scriptum: Annie Kay, Du bekommst natürlich auch noch eine vernünftige Antwort! ;-)

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