Mittwoch, 24. April 2024

Betrunken unterrichten


Heute wieder einmal etwas für Lehrer, so wie der Kurzfilm Alternative Math, den ich neulich direkt auf Facebook geteilt hatte - diesmal allerdings etwas Ernsthafteres, aus verschiedenen Perspektiven. Es geht um einen etwas radikaleren Unterrichtsversuch eines desillusionierten Lehrers und seiner Freunde.

Vielleicht kann man sich die Situation vorstelllen - nach zehn, zwanzig oder mehr Jahren Unterrichtstätigkeit eine Art Burnout, Lustlosigkeit am Unterrichten, Verzweifeln daran, dass die SchülerInnen nicht alles so schnell aufnehmen, wie man das gern hätte, und das schlichte Gefühl zu versagen. Dann kommt eine Studie hereingeflattert, die zunächst einmal nichts mit dem Lehrberuf zu tun hat, aber gerade zu einem Versuch herausfordert.

Es geht um eine postulierte positive Wirkung eines dauerhaften bestimmten Promillegehalts Alkohol im Blut - wir sprechen hier nicht von Party am Abend, sondern einem konstanten Pegel tagsüber. Die Studie gelangt zu dem Schluss, dass eine Leistungssteigerung erreicht werden könnte, ebenso wie eine gesteigerte Kreativität und Spaß an der Tätigkeit. Die vier Lehrer wagen also den Versuch - was ist, wenn sie mit einem (geringen) Promillepegel in die Schule kommen - wird man es ihnen anmerken? Wird das Unterrichten anders laufen? Wie kommt das bei den SchülerInnen an?

Die Antworten lasse ich an dieser Stelle weg, keine Spoiler. Tatsache ist aber, dass der Film in den falschen Händen zu einer Trash-Komödie hätte verkommen können. Er geht allerdings ernsthaft und sensibel an das Thema heran. Der dänische Film Druk (Der Rausch) mit einem großartigen Mads Mikkelsen (Hannibal, Casino Royale, Indiana Jones and the Dial of Destiny) in der Hauptrolle lebt nicht vom Spektakel, sondern vom sorgsamen Beobachten seiner vier Lehrer.

Einfache Antworten wird man hier nicht finden, und auch das Ende kann auf unterschiedliche Arten gelesen werden. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass keine Lehrkraft von diesem Film kalt gelassen wird - ich könnte mir vorstellen, dass jeder sich eine Meinung zu dem Thema bilden kann und dass es danach einige Diskussionen geben wird.

Am Ende kann man der Vollständigkeit halber erwähnen, dass dieser Film den Academy Award für den besten ausländischen Film gewonnen hat, aber das sagt nichts über gar nichts aus, also lasse ich das. Ich fand ihn großartig, faszinierend, witzig, gedankenanregend - und er hat mir klargemacht, dass ich selbst dieses Experiment wohl nicht wiederholen werde. 

Aber ich bin mir bewusst, wie viele Lehrkräfte unter dem Einfluss von psychoaktiven Substanzen (Koffein, Antidepressiva, Beruhigungsmittel, Schmerzmittel etc.) in die Schule kommen, um ihren Unterricht gut zu wuppen. Der Film ist also weniger abgefahren, als man vielleicht denken sollte; die Prämisse beruht auf einigen Körnchen Wahrheit.



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