Donnerstag, 12. April 2018

This is strange...

Endlich ist es wieder soweit!
(https://www.hansapark.de/files/bilder/Der%20Park/Attraktionen/Fahrattraktionen/Der%20Schwur%20des%20KAERNAN/Der-Schwur-des-Kaernan-6.jpg)


Sonnencreme? Check. Fotoapparat? Check. Saisonkarte? Check. Freizeitpark-Outfit? Check. Autoschlüssel, gutes Wetter, gute Laune? Check!

Here goes die neue Freizeitparksaison, ab Frühjahr erklären sich deutsche Freizeitparks bereit, Besucher zu verschlingen - abgesehen von dem einen oder anderen Europa-Park, der auch eine Wintersaison hat. Für mich ein ganz wichtiger Moment, denn mit dem ersten Besuch der Saison schüttel' ich die "Überwinterungshaut" ab, mache mich locker, fange an, das reale Leben da draußen wieder zu genießen.. Ich höre wieder Dub (jetzt gerade Otts Squirrel and Biscuits, der Gute-Laune-Song schlechthin), ich ziehe wieder luftigere Sachen an. Das ist mir wichtig, denn wenn ich dicht einklamottet bin, fühlt es sich auch figurativ wie eine Last auf mir an (deswegen habe ich bei den Meditationen auch immer so wenig Kleidung wie möglich an).

Ich fange wieder an, durch die Wohnung zu tanzen, in meinem Körper nistet sich wieder ein ständiger Beat ein, der mich dazu bringt, zu lächeln, zu nicken, mit den Füßen zu tappen, entspannter an die Dinge heranzugehen, den Blutdruck runterzufahren. Die Sonne scheint den ganzen Tag über in meine Wohnung und bringt meinen Serotoninlevel auf einen angenehmen Stand.

Ich habe diesen Tag komplett durchgestylt, vom Frühstück über Musik während der Autofahrt, die Route im Park, das Abendessen, Meditationszubehör ist vorbereitet, Wetterbericht intensiv verfolgt, aufgetankt, Ölstand kontrolliert, damit nichts mehr schiefgehen kann. Der Morgen startet mit Dub, ich springe durch die Wohnung und räume zumindest ein paar Dinge aus dem Weg - der offizielle Frühjahrsputz beginnt erst morgen.

Und dann passiert etwas. Ich kann es nicht beschreiben, ich kann nicht sagen, was es ausgelöst hat. Ich glaube, am besten kann jeder Leser das nachvollziehen, wenn ich sage: "Ein Moment, der mir die Augen geöffnet hat." Jedenfalls habe ich meine komplette Tagesplanung innerhalb weniger Minuten umgeworfen und bin zuhause geblieben. Mit diesem Moment hat eine sehr wichtige Phase begonnen, dazu unten mehr.

Obwohl der Beitrag This is strange heißt, kenne ich dieses Verhalten ja von mir. Das ist auch einer der Hauptgründe, warum ich mich ungern mit anderen Menschen verabrede: Ich weiß nicht, ob ich zu dem Zeitpunkt nicht viel lieber etwas Anderes machen würde, bin da also sehr unzuverlässig. Die Sannitanic und die große Buba haben das beide schon recht oft zu spüren bekommen (und sie sind trotzdem noch bei mir, zum Glück).

Ich glaube, es ist wichtig, wie man selbst mit seinem Verhalten umgeht - wie man es bewertet, wenn überhaupt. Vor einigen Jahren hätte ich mir dafür Vorwürfe gemacht: "Du hast dich so auf den Park gefreut, warum fährst du denn jetzt nicht los?" - "Weißt du eigentlich, was du alles verpasst?" - "Nachher bereust du es!" - und genau an dem Punkt habe ich anzusetzen gelernt: Nichts bereuen.

Und so bereue ich diesen Tag nicht im Geringsten. Im Gegenteil, ich habe ihn zu einem der wichtigsten Tage in diesem Jahr für mich gemacht. Der Tag, an dem ich die Winterdepressionen abschüttele. An dem ich realisiere, dass ich mein Leben selbst in der Hand habe. An dem ich realisiere, dass ich Kontrolle über meinen Körper habe, und dass Deprivation Genuss bedeuten kann, und Überfluss Last.

Das habe ich am Sonntag geschrieben. Den folgenden Teil habe ich gestern und heute erstellt.

Ich habe geschrieben, dass mit diesem Moment eine sehr wichtige Phase für mich beginnt. Diesen Moment des Augenöffnens habe ich in jedem Jahr, irgendwo im Frühjahr. Es ist der Moment, an dem ich realisiere, dass der Winter vorbei ist, und dass der Sommer kommt. Das mag nun keine große Sache sein, aber für mich ist es das eben doch, weil mein komplettes Leben und mein Denken im Sommerhalbjahr anders aussehen. Das war eigentlich schon immer so, aber gerade in meiner neuen Wohnung wird es mir noch deutlicher bewusst.

Ich wohne direkt unter dem Dach. Ich habe eine Eckwohnung, deren Fenster genau am Lauf der Sonne ausgerichtet sind. Dadurch ist meine Wohnung lichtdurchflutet und heizt sich im Sommer recht extrem auf - was wiederum dazu führt, dass ich in meiner Wohnung in der Regel nackt bin. Das klingt ungewöhnlich und vielleicht auch "unheimlich", aber ich habe gemerkt, dass es ein echter Genuss ist, den Körper nicht mit Kleidung zu belasten. Ich versuche eben, in einer eigentlich ungemütlichen Situation das Gute zu sehen.

Ich fühle mich unbeschwerter, freier, unkomplizierter. Das Leben fühlt sich für mich unbeschwerter, freier, unkomplizierter an. Es ist die Chance, etwas zu verändern, wenngleich ich mir bewusst bin, dass ich - um das durchzuhalten - mein Leben achtsamer und bewusster führen muss. Und oft genug scheitere ich irgendwann. Aber der Versuch ist es immer wieder wert.

Diese Momente des Augenöffnens werden in den buddhistischen Lehren als Aufblitzen des absoluten Bodhichitta bezeichnet. Bodhichitta bedeutet in etwa "Erwachen"; die ganzen Namen mögen überall anders sein, aber ich denke, die meisten von uns erleben diesen Moment in ihrem Leben, nicht oft, aber definitiv mehr als einmal. Und der buddhistische "Krieger" versucht, sein Leben auf diese Momente hin zu leben. Ganz so esoterisch ist es bei mir zwar nicht, aber zumindest habe ich meine Verhaltensweise ein wenig geändert.

Wenn ich merke, dass so ein Moment geschieht, dann nutze ich ihn. Ich räume alles beiseite, was diesen Moment stören könnte. Ich bremse mein Denken und Handeln herunter, um den Moment nicht zu überfahren. Ich gehe in mich, lasse kaum einen anderen Menschen in dieser Phase an mich heran. Ich erlebe die Zeit sehr intensiv - und sehr gedankenintensiv. Jeder Schritt fühlt sich "bewusster" an, auch weil ich weiß, dass es genau diese Weise ist, auf die ich mein Leben eigentlich genießen möchte: Bewusst, achtsam, meines Selbst gewahr.

Natürlich klingt das alles ein wenig abgehoben. Und für gewöhnlich verfliegt dieses Gefühl von allein wieder, spätestens nach ein paar Tagen. Dann melde ich mich auch wieder, bei meiner Familie, bei meinen Freunden. Dann kehre ich auch wieder zu diesem Blog zurück - und ich bin auf das Vertrauen der Menschen angewiesen, die mich lieben: Das Vertrauen, dass Alles in Ordnung ist. Dass ich einfach nur diese Zeit für mich selbst brauche.

Ich lasse - aus der Erfahrung heraus - in diesen Phasen nur drei Menschen an mich heran. Das Telefon ist herausgezogen. Emails müssen warten. Mit Ausnahme der Nachrichten der Sannitanic, der großen Buba, und auch Er gehört zu den wenigen Menschen, die mich in dieser Phase erreichen können. Ich weiß, Er wird das hier nicht lesen, und ich bin mir nicht sicher, ob Er sich seiner Bedeutung für mich bewusst ist, aber das macht auch gar nichts. Ich weiß, dass ich ihm vertrauen kann, und darum geht es mir, und ich weiß, dass ich der Sannitanic vertrauen kann, und auch der großen Buba. Immer.

Und so kehre ich nun heute und morgen langsam in den Alltag zurück. Ein wenig schade ist es, diese Sphäre der gedanklichen Klarheit zu verlassen - verlassen zu müssen - aber das muss sein, denn was steht nicht alles an: Ich muss einen Satz Klassenarbeiten korrigieren, am Dienstag bin ich in die Sprechprüfungen zum englischen Abitur involviert und ich muss mir meiner Haltung zur Arbeit an der KGS bewusst werden. Ich schiebe das alles auf das letzte Wochenende der Ferien. Das mache ich immer. Nicht, weil ich faul wäre, oder ein Drückeberger, oder wegen Prokrastination. Sondern, weil mir diese Momente der gedanklichen Klarheit viel wichtiger sind als die Schule, und weil die Ferien für gewöhnlich eine sehr wertvolle Chance bieten, diese Momente wahrzunehmen, mich nach ihnen auszurichten und sie nach voller Lust auszukosten.

Die Ferien bedeuten für mich Ferien. Und so möchte ich es auch meinen Schülern wünschen. Diese Einstellung ist erst mit der Zeit gekommen; anfangs habe ich den Schülern über die Ferien immer Hausaufgaben aufgegeben, sowohl schriftlich als auch Lernaufgaben. Das möchte ich eigentlich nicht mehr machen.

Und ich freue mich auch, nun dem Blog wieder Aufmerksamkeit zulassen zu können. Mir sind in der Zeit so viele tolle Ideen für Artikel durch den Kopf gegangen. Aber, um es einfach auszudrücken: In dieser Phase möchte ich bei mir sein - und nicht bei Euch.

Und meine Freunde verstehen das auch, glaube ich.

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