Samstag, 4. März 2017

25 zu 30


In letzter Zeit habe ich mal wieder diverse Hitchcock-Filme geschaut. Manche von ihnen sind einfach so zeitlos gut, die kann man immer wieder sehen. Mir ist diesmal noch deutlicher als beim ersten Ansehen der Altersunterschied der Hauptfiguren aufgefallen - die Männer sind in den Vierzigern aufwärts, die Frauen wirken kaum älter als vierundzwanzig.

"Wieso, hast du etwa ein Problem mit Altersunterschieden in einer Beziehung?" Nein, habe ich nicht, ich bin ja schließlich aufgeschlossen. Das ist doch alles altbackenes Gerede, idealerweise sollten beide Parteien gleich alt sein... mein erster Freund war sieben Jahre älter als ich. Das macht doch überhaupt nichts aus, wenn man sich verliebt!

Doch.

Vielleicht noch nicht beim Verlieben, aber später dann, wenn man viel Zeit miteinander verbringt und seinen Partner besser kennenlernt. Und merkt, wie unterschiedlich die Blickwinkel und Herangehensweisen sein können. Und ich sehe es, jetzt, wo wir wieder miteinander schreiben, immer wieder vor mir. Und nein, es geht hier nicht um meinen ersten Freund.

Als wir uns näher kennenlernten, war Er fünfundzwanzig und ich dreißig. Ich habe den Altersunterschied überhaupt nicht wahrgenommen, war mir total egal, wie oben beschrieben. Das hat doch keinen Einfluss darauf, ob man sich mag oder nicht. Und nun nähern wir uns der Crux dieses Beitrags: Die Gefühle überqueren Altersgrenzen, ganz klar, aber es kann verdammt hart sein, ein von den Verhaltensweisen her deckungsgleiches Abbild vor sich zu sehen, nur eben fünf Jahre jünger.

Ich erkenne in ihm viel von mir wieder - die große Buba kann den Satz schon gar nicht mehr hören: "Ich war auch mal so." Und ich merke im Umgang mit ihm, wie ich mich in diesen fünf Jahren weiterentwickelt habe. Und ich rede mir ein, dass ich mich zum Positiven weiterentwickelt habe, ich bin jetzt ausgeglichener, nicht mehr ganz so impulsiv, und ich bin jetzt offener und vor allem ehrlicher geworden.

Und aus irgendeinem Grund kommt hin und wieder der Wunsch auf, nach Art eines Mentors mit ihm umzugehen, ihm Untiefen der Zwanziger-Jahre aufzuzeigen, ihn zu erziehen, genau: Ihn zu bevormunden. Und wenn ich dieses Wort lese, ekelt es mich schon wieder vor mir selbst. Er macht all seine Entwicklungen selbst durch, da kann ich bestenfalls zuschauen, aber nicht eingreifen, und das ist auch gut so.

Nur... manchmal werde ich ungeduldig, denke mir "Süß, die gleichen Fehler hab ich damals auch gemacht, och komm schon, kannst du nicht mal ein bisschen schneller reifer werden?" und gehe irrsinnigerweise einfach davon aus, dass Er sich genauso entwickeln wird wie ich. Und ich freue mich schon drauf, dass Er einmal genauso offen, ehrlich und aufrecht sein wird, wie ich das von mir annehme.

Leider verliere ich manchmal die Tatsachen aus dem Blick, in meinem Wahn nach Mentorrollen, Pädagogik, was weiß ich - die Tatsache, dass Er eben nicht so "weit" ist wie ich (blödes Wort), ich habe einen kleinen Vorsprung: Ich bin nicht mehr im Studium, ich habe mein Referendariat irgendwie überlebt und habe schon ein paar Schulen durch. Und all' diese Entwicklungen haben dazu beigetragen, dass ich so bin, wie ich bin. Er ist noch im Studium, Er hat das alles noch vor sich.

Und in diesem Jahr wird Er neunundzwanzig und ich vierunddreißig. Wieder ein paar Jahre weiter, wieder ein paar Jahre "anders". Und langsam steigt die Spannung, zu erleben, wie Er mit dreißig wohl ist. Und ich habe in diesen paar Jahren auch etwas dazugelernt, nämlich (zumindest manchmal) meinen Mund zu halten und ihn einfach unauffällig (naja, wohl eher nicht) bei seinem Weg zu begleiten.

Worauf es alles hinausläuft: Gefühle mögen Altersgrenzen und Generationen überschreiten, aber im Verhalten macht sich der Altersunterschied deutlich bemerkbar, und ich lerne daran, mich in Geduld zu üben und ihm all' die Zeit zu geben, die Er braucht.

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